Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel fährt beim Großen Preis von Kanada auch um sein Image

Montreal/Hamburg. Deutschland gegen Australien - das ist am Sonntag der sportliche Ernstfall bei der Fußball-WM in Südafrika, live im ZDF. Im Vorprogramm läuft an diesem Tag um 18 Uhr bei RTL das Formel-1-Rennen um den Großen Preis von Kanada. Und auch da geht es um Deutschland gegen Australien.

Sebastian Vettel, Heppenheim, gegen Mark Webber, Queanbeyan in New South Wales, Australien. Seit zwei Wochen sind die sogenannten Teamgefährten im Red-Bull-Rennstall Rivalen der Rennbahn. Vettel und Webber wollen Weltmeister werden und haben das schnellste Auto der Saison dazu.

Seit dem 30. Mai gilt ihr interner Nichtangriffspakt nicht mehr. Damals, beim Großen Preis der Türkei, versuchte Vettel, den führenden Webber zu überholen, weil dieser sein Benzingemisch für die Endphase des Rennens auf Sparmodus gestellt hatte und der Deutsche im Titelduell eine Chance witterte. Webber blieb stur auf seiner Linie, Vettel war fast vorbei, zog aber dann nach außen. Die Folgen sind bekannt: die beiden roten Bullen kreiselten von der Piste, Vettels Rennen war beendet, Webber rettete mit einem angeschlagenen Auto noch Platz drei.

Die Einschätzung nach dem internen Rodeo hat sich gewandelt. Galt Vettel, Liebling des österreichischen Red-Bull-Motorsportberaters Helmut Marko, im Team zunächst als unschuldig, gibt er nun in der Szene die Rolle des Sündenbocks ab. Das saubere Bild des Strahlemanns hat erste Kratzer bekommen, die Bezeichnung "Baby-Schumi" passt, besonders aus der Sicht der englischen Schumacher-Hasser, nun auch inhaltlich. Der Sonnyboy, dem die Sympathien nur so zuflogen, hat also doch seine Schattenseiten.

Vor dem Trainingsauftakt zum kanadischen Grand Prix, als sich ausgewählte Fahrer zur Fragestunde auf das Podium begaben, geriet Vettels Auftritt zum Spießrutenlaufen. Der deutsche Vizeweltmeister musste sich fragen lassen, ob er von seinem damaligen Urteil etwas zurückzunehmen habe - er belegte Webber nach dem Crash mit einem unter Autofahrern üblichen Gruß -, ob er sich gar schon entschuldigt habe.

"In der Formel 1 geht es nicht um die Vergangenheit, sondern um die Zukunft", sagte der 22-Jährige und bemühte sich, das leidige Thema zu umkurven. "Was passiert ist, ist passiert. Mehr gibt es nicht zu sagen."

Allenfalls: "Ich bin so aufgewachsen, dass mir Ehrlichkeit besonders wichtig ist. Wenn ich einen Fehler mache, bin ich der erste, der die Hand hebt und das auch zugibt." Immerhin gab er zu, dass der Unfall wohl "extrem dumm aussah" und die Folgen entsprechend unglücklich waren: "Was passiert ist, war schlecht für uns beide, besonders für das Team, weil wir viele Punkte an McLaren verloren haben."

Also kein persönlicher Fehler? Mit dieser Bewertung stand er allerdings allein. Die meisten Fahrerkollegen schoben Vettel die Verantwortung für die Karambolage zu. "Eindeutig sein Fehler", sagte Adrian Sutil von Force India als einer von vielen, die ihr Urteil anhand der Fernsehbilder fällten.

Auch Mark Webber sieht sich frei von jeder Verantwortung, enthielt sich aber einer Schuldzuweisung an seinen jüngeren Kollegen. Der 33-jährige Australier spürt das Momentum seiner beiden Siege und die überwiegend positive Beurteilung seines Parts beim Red-Bull-GAU. Er führt im Trainingsduell gegen Vettel mit 4:3 und hat eine Vertragsverlängerung im Rücken, die sein Ego noch einmal stärkte.