Hamburgs Handballer wollen für den Nationalspieler keine Ablöse an Lemgo zahlen

Hamburg. Michael Kraus klingt in diesen Tagen, als habe er sein Kapitänsamt als Nationalspieler nie niedergelegt. "Es geht um die Zukunft unserer Mannschaft", sagt der Handballprofi vor dem Hinspiel der WM-Qualifikation gegen Griechenland in Dortmund am Sonnabend (18 Uhr/Sport1) und verspricht mit sorgenvoller Miene: "Ich werde richtig Gas geben."

Die beiden Play-off-Spiele sollen für Kraus eine Art Neuanfang sein nach Monaten, in denen er vor allem mit Verletzungen, Disziplinlosigkeiten und einer enttäuschenden EM von sich reden machte. Dieser Neuanfang sollte sich in der nächsten Saison beim HSV Hamburg fortsetzen. Der Wechsel des 26 Jahre alten Spielmachers des TBV Lemgo galt als ausgemacht. Doch nun scheint das Geschäft geplatzt zu sein. "Der HSV hat uns mitgeteilt, dass er keine Ablöse zahlt", sagte Lemgos Manager Volker Zerbe dem Abendblatt, "daher erwarten wir Michael Kraus zum Trainingsauftakt am 12. Juli bei uns."

Noch Ende Mai hatte der TBV Kraus mitgeteilt, nicht mehr mit ihm zu planen. Das hatte den HSV hoffen lassen, um die geforderte Zahlung - angeblich 500 000 Euro - herumzukommen. Kraus' Vertrag endet zwar erst 2012. Doch schon bald nach dessen Unterzeichnung hatte er im Herbst erklärt, Champions League spielen zu wollen, sein Fernweh soll er durch betonte Lustlosigkeit zur Schau gestellt haben. "Die Initiative ging von ihm aus, er hat damals schon mit dem HSV geliebäugelt", argumentiert Zerbe. Was er unerwähnt lässt: Der TBV muss seinen Etat für die kommende Saison reduzieren, was schon durch den Abgang des Topverdieners Kraus gewährleistet wäre.

Kiel hat keinen Bedarf, Flensburg kein Geld, Rhein-Neckar kein Interesse

Offenbar spielen jetzt beide Parteien auf Zeit. Eine Beteiligung an der Ablöse lehnt Kraus' Bruder und Berater Christian ab. Ein Verbleib in Lemgo ist ebenso unwahrscheinlich wie ein Wechsel zu einem dritten Verein: Kiel hat keinen Bedarf, Flensburg kein Geld, die Rhein-Neckar Löwen kein Interesse. Hamburgs Präsident Andreas Rudolph hingegen will Kraus unbedingt - schon weil er fürchtet, seine Mannschaft könne in unveränderter Zusammensetzung in der neuen Saison abermals an den hohen Zielen scheitern. "Aber wir haben das Geld nicht", sagt der sportliche Leiter Christian Fitzek, "das HSV-Budget ist kein Füllhorn, aus dem wir nach Belieben schöpfen könnten."

Trotzdem wolle er den Transfer noch nicht abschreiben. Eine rasche Einigung ist unwahrscheinlich. Fitzek verabschiedete sich am Freitag in den Urlaub, Rudolph weilt auf Geschäftsreise. Kraus will nach dem Rückspiel in Griechenland am kommenden Sonntag selbst in Urlaub fahren. "Bis dahin wollen wir Klarheit haben", sagt Berater Christian Kraus. Auch ein Neuanfang kann schwer sein.