Der Keeper der HSV-Handballer hält den 26:22-Sieg gegen Champions-League-Titelverteidiger Ciudad Real fest

Hamburg. Der Weg in die Kabine der Hamburger O2 World erwies sich für Per Sandström diesmal als besonders lang. Immer wieder hielten ihn begeisterte Zuschauer auf, verbal, indem sie seinen Namen skandierten. Der Schwede bedankte sich jedes Mal artig, verneigte sich, klatschte in die Hände. Die Huldigungen hatte sich der Torhüter mit einer Weltklasseleistung verdient. 19 von 37 Würfen hatte er abgewehrt, unglaubliche 51 Prozent der Bälle gehalten. Dass die Handballer des HSV die Tür zum Final Four der Champions League Ende Mai in Köln geöffnet haben. verdanken sie vor allem ihrer Nummer zwölf. Mit 26:22 (11:8) gewannen die Hamburger das Viertelfinalhinspiel gegen Titelverteidiger Ciudad Real. Im Rückspiel am 2. Mai dürfte ihnen wahrscheinlich eine Niederlage mit vier Treffern Differenz zum Weiterkommen reichen, weil den Spaniern nur 22 Auswärtstore gelangen.

Dass die mutmaßlich zwei besten Abwehrreihen der Welt das Torewerfen erheblich erschweren würden, deutete sich schon in der Anfangsphase an. Da stand es nach elf Minuten Spielzeit 2:2, und drei der vier Erfolgserlebnisse waren per Siebenmeter zustande gekommen. Für den HSV hatte dabei Hans Lindberg zweimal seine Treffsicherheit bewiesen. Er fand in seinem Team zunächst wenige Nachahmer. Selbst die so gefürchteten Gegenstöße gingen den Hamburgern nicht flott von der Hand. Das alles sollte sich erst später ändern. "Zu Beginn", meinte HSV-Trainer Martin Schwalb, "haben wir es nicht geschafft, den Kopf auszuschalten. Anstatt unsere Automatismen abzuspulen, haben wir angefangen nachzudenken." Zuvor fünf Niederlagen in sechs Spielen gegen Ciudad Real, zwei davon in der Gruppenphase dieser Champions-Lea gue-Saison, schienen schwer auf der Psyche der Hamburger zu lasten.

Als enthemmend - und wohl spielentscheidend - sollte sich die Einwechslung Sandströms herausstellen. Der 29-Jährige betrat in der 13. Minute beim Stand von 3:4 für Johannes Bitter seinen Arbeitsplatz und machte seinen Kollegen fortan mit jeder Parade Mut. Plötzlich stand ein anderer HSV auf dem Feld, selbstsicher, abgeklärt und zielstrebig. Dass die Hamburger nach einem zwischenzeitlichen 4:6-Rückstand (15.) aufholten, zur Halbzeit 11:8 und kurz danach 14:8 (33.) und 16:9 (37.) führten, war hauptsächlich ein Verdienst des Schweden. Die Komplimente für seine Vorstellung, Sandström meisterte auch noch drei Siebenmeter, gab er brav an seine Vorderleute weiter: "Hinter dieser Abwehr kann jeder Torhüter glänzen. Ich habe uns selten so gut in der Deckung agieren sehen." Das meinte auch Kapitän Guillaume Gille: "Wir haben uns taktisch hervorragend auf die Spanier eingestellt und haben in keiner Phase die nötige Aggressivität vermissen lassen. Den Rest hat Pelle erledigt. Er war grandios."

Der Sieg des HSV hätte höher ausfallen können, hätte sich das Team nicht zahlreiche technische Fehler und Ballverluste geleistet. Marcin Lijewski, der hinterher über Achillessehnenschmerzen klagte, unterliefen Mitte der zweiten Halbzeit gleich zwei in Folge. Rechtsaußen Lindberg verhinderte aber mit Toren aus fast unmöglichen Winkeln, dass das Spiel kippte. In der 53. Minute hatte sich Ciudad Real bereits bis auf 19:21 herangeworfen.

Krzysztof Lijewski dagegen konnte seinem Bruder nur mit gutem Zureden und Streicheleinheiten für Kopf und Rücken in der Auszeit helfen. Seine Schulterprobleme ließen seine Unterstützung nur von der Bank zu. Im Rückspiel will der Pole notfalls wieder aktiv eingreifen. "Die Chancen stehen weiter 50:50. Beide Mannschaften sind absolut gleichwertig", mahnte Trainer Schwalb. Sein Kollege Talant Dujshebaev korrigierte ihn: "Ich denke, der HSV hat jetzt leichte Vorteile, etwa 51:49 Prozent. Wir sind an Sandström gescheitert, das muss sich nicht wiederholen."

Dass Schlusswort gebührte Blazenko Lackovic. "Vier Tore sind ein schöner Vorsprung", meinte der kroatische Halblinke des HSV, "wenn wir in Ciudad Real jedoch nur eine Sekunde daran denken, scheiden wir aus. Wir müssen in Spanien auf Sieg spielen, nur dann kommen wir auch weiter. Und davon bin ich fest überzeugt."

Tore, Hamburg: Lindberg 7 (3 Siebenmeter), G. Gille 5, Vori 3, M. Lijewski 3, Lackovic 2, Jansen 2, Hens 2, Flohr 1, Duvnjak 1; Ciudad Real: Abalo 7, A. Entrerrios 3, Cañellas 3, Parrondo 2, Morros 2, Jewdokimow 2, Dinart 1, Metlicic 1, Rodríguez 1. Schiedsrichter: Lazaar/Reveret (Frankreich). Zuschauer: 9321. Zeitstrafen: 7; 2. Rote Karte: Jansen (51.), dritte Zeitstrafe. Siebenmeter: 3 (3 verwandelt); 7 (4).