Hamburg. Jeder, der sich schon einmal auf einen sportlichen Wettkampf vorbereitet hat, weiß, dass die richtige Auswahl der Trainingskollegen der entscheidende Schritt auf dem Weg zum Erfolg ist. Wohl dem also, der den perfekten Sparringspartner in der Familie hat - so wie Superweltergewichts-Boxprofi Jack Culcay, der am Sonnabend auf der Champions Night des Hamburger Universum-Stalls in der Sporthalle Alsterdorf gegen den Brasilianer Isak Tavares seinen dritten Profikampf bestreitet.

Der 24 Jahre alte Amateurweltmeister von 2009 übt regelmäßig mit seinem Bruder Michael (28). Was die Schwergewichtsweltmeister Vitali und Wladimir Klitschko nur in Ausnahmefällen taten, ist für die in Ecuador geborenen Culcay-Brüder seit ihrer Kindheit Normalität. Vater Roberto ließ seine raufenden Söhne schon im heimischen Wohnzimmer mit Handschuhen antreten. "Wir nehmen keine Rücksicht, sondern schlagen mit voller Härte", sagt Michael, "anders würde es Jack nichts bringen."

Tatsächlich hält Michael, der als Amateur für Hertha BSC in der Bundesliga boxte, derzeit jedoch nur noch als Trainer in der familieneigenen Boxschule in Pfungstadt arbeitet, mit seinem Bruder gut mit. Zudem sind seine Körpermaße ähnlich denen des Jungprofis - 172 cm Größe, zwischen 68 und 70 kg Gewicht. "Er kann sechs Runden volles Tempo gehen und mich genauso fordern wie andere Sparringspartner auch", sagt Jack, der seinen Bruder vor allem im Infight fürchtet. "Ich bin schneller und aus der Distanz besser, aber am Mann ist Michael sehr gefährlich. Das hilft mir enorm", sagt er.

"Ich bin dafür da, ihn zu unterstützen", sagt Michael, der mehr Talent als sein Bruder hatte, aber selbstlos arbeiten ging, um eine Basis für Jacks Traum von der Profikarriere zu legen. "Dass Jack jetzt Profi ist, hat er zu großen Teilen Michael zu verdanken", sagt Vater Roberto, der die Brüder früher trainierte. Sogar am Tag vor Michaels Hochzeit sparrten die beiden so heftig, dass sich der Bräutigam einen Cut über dem Nasenbein zuzog, den der Fotograf auf den Hochzeitsfotos wegretuschieren musste.

In einem jedoch sind die Culcays mit den Klitschkos einig: Einen regulären Bruderkampf im Ring wird es nicht geben. Bei der Hessen-Meisterschaft vor sechs Jahren war es einmal dazu gekommen, dass Michael durch einen Meldefehler in der gleichen Gewichtsklasse wie Jack antreten musste und prompt im Halbfinale auf seinen Bruder traf. "Da haben wir eine Runde Show gemacht, dann habe ich das Handtuch geworfen, damit Jack den Titel holen kann", sagt Michael.

Kein Angebot der Welt könne sie dazu bewegen, dem eigenen Bruder in einem Wettkampf um Geld oder Titel weh zu tun. "Auch unser Vater würde das nicht wollen", sagen beide. Das Problem der Klitschkos, die ihrer Mutter versprechen mussten, niemals miteinander die Fäuste zu kreuzen, haben die Culcays indes nicht. Zu ihrer Mutter haben sie seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr.