Hamburg. Es ist egal, ob sie den wichtigsten Kampf ihrer Karriere an diesem Sonnabend gewinnt oder verliert. Was sie danach als erstes tun wird, weiß Nadia Raoui schon jetzt: essen. "Ich halte seit drei Wochen mein Kampfgewicht und freue mich darauf, endlich wieder reinhauen zu können", sagt die 24 Jahre alte Profiboxerin, die Fast Food liebt und sich besonders nach dem Käsekuchen ihrer besten Freundin die Finger leckt.

Dass man der 155 cm kleinen und 50 kg leichten Fliegengewichtlerin die Leidenschaft für fettiges Essen nicht ansieht, hat vor allem damit zu tun, dass sie nicht nur am Esstisch reinhauen kann, sondern dies auch sportlich nach Leibeskräften tut, seit sie 16 Jahre alt ist. Mit Kickboxen startete die in Herne geborene Tochter marokkanischer Eltern ihre Karriere, nach einem Kreuzbandriss ließ sie mit 18 jedoch die Kicks weg und begann schließlich im November 2006 ihre Profiboxkarriere.

Dreieinhalb Jahre und zwölf Profikämpfe ohne Niederlage später hat die gelernte Fremdsprachenassistentin an diesem Sonnabend (23.15 Uhr) in der Sporthalle Hamburg die Chance, ihrer Laufbahn eine entscheidende Wendung zu geben. In der Sporthalle Hamburg fordert sie Dreifachweltmeisterin Susi Kentikian (22) aus dem Hamburger Universum-Stall heraus. Der Respekt vor Raoui ist groß, intern wird sie als härteste Herausforderin in der Karriere der in 26 Kämpfen unbesiegten "Killer Queen" gehandelt.

Raoui freut sich über derlei Wertschätzung. Sie hält sich für technisch begabter als Kentikian, und nachdem sie mit ihrem Trainer Dietmar Berg zum Abschluss der Vorbereitung das obligatorische 20-Runden-Sparring (!) ohne Probleme absolvierte, fühlt sie sich bereit, um die zehn Runden mit Kentikian auch körperlich durchzustehen. "Für mich ist dieser Kampf eine einmalige Chance, um ins große Geschäft einzusteigen", sagt sie. Das ZDF überträgt live, und mit einem Sieg könnte sich die Hundeliebhaberin, die in ihrer Freizeit am liebsten den Pudel ihrer Käsekuchen backenden Freundin durch Herne führt, für einen Kontrakt bei einem der großen deutschen Promoter empfehlen. Derzeit steht sie bei der von ihrem Coach geführten Ruhrcity Boxpromotion unter Vertrag.

Raoui weiß sich auch außerhalb des Rings in Szene zu setzen. Ihr Aussehen ermöglichte ihr mehrere professionelle Fotoshootings, ihre Umgangsformen sind ausnehmend höflich, ihr sportlicher Ehrgeiz vorbildlich. Dass man ihr den Kampfnamen "The Beauty Beast" gab, gefällt ihr selbst nicht. "Ich mag den Namen nicht", gibt sie zu. Allerdings sei es tatsächlich so, dass sie im Ring zum Biest werden kann. "Wenn man für den Sport lebt und alles gibt, dann ist alles möglich", sagt sie. Susi Kentikian sollte gewarnt sein.

Nach dem heutigen öffentlichen Training in der Wandelhalle im Hauptbahnhof (13 Uhr) verkauft Susi Kentikian das Obdachlosenmagazin "Hinz & Kunzt". Einigen Ausgaben liegen Freikarten für den Kampfabend am Sonnabend bei. Rund 500 Kaufkarten gibt es noch unter www.boxing.de oder 040 - 6965 5959.