Magdeburg. Dass es Vulkane gibt, die mit dem Ausspucken von Asche einen ganzen Kontinent lahmlegen können, wissen wir seit dem Ausbruch des Eyjafjallajökull in der vergangenen Woche. Dass es Vulkane gibt, die zwar nur heiße Luft ausspucken, aber trotzdem einen Boxkampf lahmlegen können, wissen Boxfans seit Sonnabendnacht.

Der Italiener Domenico Spada (29), dem einst der Kampfname "Vulkan" verpasst worden war, hatte sich im Vorfeld seines Duells mit WBC-Interims-Weltmeister Sebastian Zbik einem Verbalausbruch hingegeben. Im Juli 2009 hatte sich Zbik seinen Titel durch einen umstrittenen Punktsieg gegen Spada gesichert. "Sebastian hat gekämpft wie eine Frau. Er hat nur festgehalten. Er soll sich wie ein Mann benehmen und ordentlich kämpfen", hatte dieser deshalb vor dem Rückkampf getönt. Während der zwölf über weite Strecken niveauarmen Runden, an deren Ende ein verdienter einstimmiger Punktsieg (117:110, 116:111, 116:111) für den deutschen Mittelgewichtler stand, war es allerdings Spada, der klammerte. Spätestens als der Italiener die Pressekonferenz wegen angeblicher Krämpfe in den Beinen schwänzte, war klar, dass dieser Vulkan erloschen ist. Manager Christian Cherchi musste einräumen: "Zbik war heute der klare Sieger." Sein Gesicht glich dabei einer Geisterstadt.

Viel glücklicher sahen der Sieger und sein Manager Dietmar Poszwa, Vizechef des Hamburger Profistalles Universum, allerdings auch nicht aus. Beide wussten, dass Zbik in seinem ersten und wohl auch letzten Hauptkampf im ZDF, das nach Abendblatt-Informationen nach Ablauf des Vertrags mit Universum zum 31. Juli definitiv aussteigen wird, eine große Chance verpasst hatte. Universum setzt im Kampf um die Zukunft mit viel Risiko auf die deutsche Karte. Doch wer die erschreckende Einschaltquote von 2,56 Millionen und die mit 4000 Fans nur zu zwei Dritteln gefüllte Bördelandhalle als Indikatoren zu Hilfe nimmt, der muss konstatieren: Die deutsche Karte mag im internationalen Vergleich zwar stechen, aber sie verbreitet keinen Glanz.

"Ich wollte es besonders gut machen, aber das ist mir nicht gelungen", sagte der in nun 29 Profikämpfen unbesiegte Mecklenburger. Es ist Zbiks grundsätzliches Problem, dass er ein Boxer ist, der alles gut kann, aber nichts besonders gut. Was noch schwerer wiegt: In Deutschland sind die Fans nach jahrelanger Überfütterung mit qualitativ hochwertigem Boxsport so verwöhnt, dass sie Hausmannskost à la Zbik nicht mehr goutieren, wie es noch in der Ära Sven Ottke der Fall war. Zbik fehlt der besondere Kampf in seinem Rekord, und weil WBC/WBO-Weltmeister Kelly Pavlik (USA) seine Titel in der Nacht zu Sonntag in Atlantic City überraschend durch einstimmige Punktniederlage gegen den Argentinier Sergio Gabriel Martinez verlor, wird er auf diesen wohl auch noch länger warten müssen. "Die Situation für Sebastian ist unbefriedigend", sagt Poszwa.

Die von Universum ist allerdings nicht viel rosiger. Im zweiten Hauptkampf lieferten sich WBO-Supermittelgewichtschampion Robert Stieglitz von Universums lokalem Kooperationspartner SES und Eduard Gutknecht aus dem Hamburger Stall eine Schlacht, die von den Fans in der Halle mit viel Applaus bedacht wurde. Im ZDF war diese jedoch erst um ein Uhr nachts zu sehen, was immerhin noch fast zwei Millionen Menschen anzog. Wer allerdings erlebte, wie die Sportler bei Stieglitz' einstimmigem Punktsieg (119:108, 117:110, 117:111) ihre Deckungsarbeit vernachlässigten, der weiß, dass auch sie im Kampf um den Glanz der Weltspitze keine Trümpfe im Ärmel von Universum-Chef Klaus-Peter Kohl sind.

Alles Asche also bei Universum, um in der Vulkanologie zu bleiben? Es bedarf eines gewaltigen Auswurfs an Kreativität, um zu verhindern, dass der Strom an Weltklasseboxen in Hamburg lahmgelegt wird. Aber Wunder gibt es immer wieder.