Shanghai. In seiner ersten Karriere musste Michael Schumacher erklären, wo er gegenüber seinen Konkurrenten auf der Piste die entscheidenden Zehntelsekunden gutmacht. In seiner zweiten Karriere, nach drei Jahren Abstinenz von der Vollgasbranche, muss der siebenmalige Weltmeister immer wieder begründen, warum er nicht schnell genug ist.

So auch in Shanghai. Vor dem vierten WM-Lauf der Formel 1, dem großen Preis von China, sagte der Tabellenzehnte: "Ja, es hat etwas gedauert, und es wird noch ein wenig mehr Zeit brauchen." Am Ort seines bislang letzten von 91 Grand-Prix-Siegen fügte Schumacher hinzu: "Natürlich hätte ich gern bessere Ergebnisse erzielt, aber ich weiß, was ich mache, und ich habe keinen Grund, enttäuscht zu sein. Ich bin zufrieden, ob das anderen gefällt, ist ihre Sache." Gemeinsam mit dem Team etwas aufzubauen - das ist es, was den Altmeister antreibt.

Mit schwarzem Schal und ernster Miene schritt der 41-Jährige durchs nasskalte Fahrerlager in Shanghai und diskutierte später in der Mercedes-Box noch mit seinen Mechanikern. Den Glauben an seinen achten Titel aber hat sich Schumacher bewahrt. "Ja, unbedingt. Wenn wir das Auto schnell genug weiterentwickeln, dann gibt es keinen Grund, warum wir nicht um den Titel kämpfen sollten", sagte der Kerpener. "Wir sind weit davon entfernt zu denken, die Saison sei schon vorbei."

In China aber wird es - sollte das Wetter nicht wieder Kapriolen schlagen, noch nicht dazu kommen. Weder Schumacher noch sein bislang stärkerer Teamkollege Nico Rosberg, der als WM-Fünfter mit 35 Punkten nur vier Zähler hinter Spitzenreiter Felipe Massa (39) liegt, haben eine realistische Siegchance. "Ich sehe uns nicht in der Favoritenstellung", meinte dann auch Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug.

Diese Bürde trägt Sebastian Vettel. Der schnellste Fahrer der ersten drei Saisonrennen sagte dazu: "Es ist nicht einfach, jedes Mal die Erwartungen zu erfüllen." Zwar ist sein Auto, der Red Bull RB6, der Konkurrenz bislang überlegen, doch der Vorsprung sei nicht groß, warnte der WM-Dritte. "Wir müssen hart kämpfen und Rennen für Rennen arbeiten." Dazu gehört auch, so schnell wie möglich eine aerodynamische Lösung des McLaren-Teams zu kopieren.