Hamburg. Die Trommeln im HSV-Block wurden im gewohnten Rhythmus geschlagen, die Tore der Hamburger bejubelt wie die Paraden der Torhüter Johannes Bitter und Per Sandström. Und auch HSV-Clown "Herbert Kröger" hatte an diesem Abend wieder "die Haare schön". Es war bei aller bewusst geübten Normalität dennoch kein gewöhnliches Handballspiel, das der HSV und die deutsche Nationalmannschaft in der Hamburger O2 World austrugen, die seit Dienstag nicht mehr Color-Line-Arena heißt. Oleg Velyky wurde gedacht - und am Schluss mit Sprechchören, Velyky-Schals und zehnminütigem Applaus noch einmal Ehre erwiesen; dem genialen Spielmacher, dem Mann mit der Nummer zehn, der am 23. Januar im Alter von 32 Jahren seinem langen Krebsleiden erlag.

Seine Ehefrau Katarina und Sohn Nikita (6) waren aus Kiew, ihrer Heimatstadt, gekommen, um mitzuerleben, wie die Handballwelt Abschied von einem ihrer Besten nahm. Auf die Tribüne schafften sie es nicht. Katarina Velyka schien überwältigt von der Anteilnahme und der Hilfsbereitschaft, die sie in jedem Moment ihrer Rückkehr nach Hamburg spürte. Sie verfolgte die Begegnung im Platinum-Klub abseits des Spielfeldes an einem Bildschirm. "Ich weiß, dass Oleg uns heute Abend zuschaut", sagte sie und konnte ihre Tränen nur mühsam unterdrücken.

Dank 8193 Zuschauern, Spenden wie zahlreichen Verlosungs- und Versteigerungsaktionen kamen die erhofften rund 300 000 Euro zusammen. Das Geld soll der Familie in der Ukraine den Lebensunterhalt und Nikita später die Ausbildung sichern. Die Hamburger Stiftung phönikks, sie hilft den Angehörigen Krebskranker, verwaltet es. "Dass so viele Menschen heute Abend hier erschienen sind, zeigt, dass der Handball eine große Familie ist und sich seiner Verantwortung stellt", sagte HSV-Handball-Präsident Andreas Rudolph vor dem Anwurf. Und Ulrich Strombach, der Präsident des Deutschen Handballbundes, ergänzte mit stockender Stimme in Richtung der Besucher: "Sie haben ein Sozialverhalten gezeigt, das dem deutschen Handball würdig ist." Zu Ehren Oleg Velykys hatte sich das Publikum erhoben.

Dass die deutsche Nationalmannschaft den HSV mit 38:29 (18:16) besiegte, blieb eine Randnotiz. Dem deutschen Pokalsieger steckten die zweitägigen Feierlichkeiten des Endspieltriumphes vom Sonntag gegen die Rhein-Neckar Löwen in der Leber, und mit den beiden Lijewski-Brüdern Marcin und Krzysztof fehlte dem Bundesliga-Tabellenführer zudem der gewohnte rechte Rückraum. Polens Nationaltrainer Bogdan Wenta hatte die beiden zur Vorbereitung von Länderspielen angefordert. Auf Verständnis stieß er damit nicht.

Für die deutsche Auswahl war das gestrige Benefizspiel die Einstimmung auf ein dreitägiges Turnier in Norwegen (15. bis 17. April). Bundestrainer Heiner Brand verzichtet dort auf HSV-Torhüter Bitter und Linksaußen Torsten Jansen, die geschont werden. Mannschaftskapitän Michael Kraus (TBV Lemgo) fällt erneut wegen Knieproblemen aus. Vom HSV nominierte Brand nur Pascal Hens (für das A-Team), für die deutsche B-Auswahl, die gegen die zweiten Vertretungen von Norwegen, Dänemark und Polen antritt, Matthias Flohr.