Hamburg. Pascal Hens wollte nicht reden. "Kein Kommentar", beschied der Kapitän der HSV-Handballer und hastete von der Kabine der Sporthalle Hamburg in Richtung Ausgang. Hens' Schweigen sagte dann doch wieder einiges aus über die Leistung seiner Mannschaft im Allgemeinen und über seine eigene im Besonderen. Über Letztere sagte sein Trainer Martin Schwalb später: "Es war nicht sein Spiel." Aber das hätte er, von wenigen Ausnahmen abgesehen, über jeden seiner Profis sagen können.

Die größte dieser Ausnahmen war Johannes Bitter. 13 der 32 Würfe auf sein Tor konnte der Nationaltorhüter parieren. Drei weniger, und die Champions-Lea gue-Saison hätte ihre größte Sensation erlebt. So aber mussten sich die Hamburger am Ende bei Bitter bedanken, dass die Dinge ihren erwarteten Verlauf nahmen. Der Bundesliga-Tabellenführer steht also trotz einer 27:30-(15:16)-Heimniederlage gegen den polnischen Meister KS Kielce im Viertelfinale. Nur freuen konnte sich darüber beim HSV niemand.

Einen 30:24-Sieg hatte der HSV aus dem Hinspiel eingebracht, und es ist nur allzu menschlich, dass er sich von Anfang an auf die Verwaltung dieses Guthabens verlegte. Aber das kann im Handball eine gefährliche Entscheidung sein, wie Linksaußen Torsten Jansen aus Erfahrung weiß: "Man kann sich selbst auf 14 Toren Vorsprung nicht ausruhen."

Schwalb wollte hinterher allerdings gar nicht nervös gewesen sein, wenngleich seine Mannschaft phasenweise mit vier Toren zurücklag. Auch Rückraummann Marcin Lijewski hatte "nie daran gedacht rauszufliegen". Was aber, wenn Bitter beim Stand von 24:26 acht Minuten vor Spielschluss nicht gegen den frei heranstürmenden Tomasz Rosinski pariert hätte? Es wäre wohl wieder eine Zitterpartie geworden.

"Dass Jogi uns rettet, so weit hätte es gar nicht kommen dürfen", grantelte der sportliche Leiter Christian Fitzek. Schon verständlich, dass die Spieler Kraft sparen wollten für die Pokalendrunde am kommenden Wochenende, zu der man den an der Schulter verletzten Krzysztof Lijewski zurückerwartet. "Aber so ein Ding kann immer schiefgehen." Glückliche Verlierer sahen an diesem Sonnabendnachmittag anders aus. Zum Beispiel so wie Rastko Stojkovic, Kielces für seine Leibesfülle erstaunlich wendiger Kreisläufer, den die HSV-Deckung nie in den Griff bekam. "Vielleicht hat uns Hamburg ein bisschen unterschätzt", meinte der Serbe. Er wünsche ihnen jetzt aber den Champions-Lea gue-Sieg, "dann bedeutet dieser Tag ein bisschen mehr für uns".

Der Gegner im Viertelfinale wird heute in Wien ausgelost (11 Uhr/live auf ehftv.com). Sicher ist, dass der HSV im Rückspiel kein Heimrecht mehr hat und auf einen Gruppensieger trifft. Im entsprechenden Lostopf sind Montpellier, Veszprem (Ungarn), der deutsche Meister THW Kiel und Titelverteidiger Ciudad Real, der den HSV in den beiden Vorjahren jeweils im Halbfinale ausschaltete. "Die wollen wir auf keinen Fall", sagte Fitzek. Ein verständlicher Wunsch: In der Gruppenphase gingen beide Duelle gegen die Spanier verloren.

Tore, Hamburg: Duvnjak 6, Lindberg 6 (3 Siebenmeter), Lackovic 4, M. Lijewski 3, B. Gille 3, Vori 2, G. Gille 1, Flohr 1, Jansen 1; Kielce: Stojkovic 9 (1), Rosinski 6, Podsiadlo 5, Kuchczynski 3, Jurasik 3, Nat 3, Zaremba 1. Schiedsrichter: Nikolic/Stojkovic (Serbien). Zuschauer: 2922. Zeitstrafen: 2; 5.