Der WM-Favorit aus Heppenheim nutzt die Schwäche seiner Konkurrenten. Der Altmeister aus Kerpen hofft auf die Europa-Saison.

Sepang. Wer in der Formel 1 ein Rennen gewinnt, muss ein Schlitzohr sein. Das zeigt sich an den Kleinigkeiten. Wenn Sebastian Vettel (22) nach dem Sieg in Malaysia vor dem Teamkollegen Mark Webber die Magnumflasche Champagner heftig schüttelt, um den drittplatzierten Landsmann Nico Rosberg (24) mit einer möglichst kräftigen Fontäne einzudecken, hat das auch Hintergedanken: Je mehr Alkohol verspritzt wird, desto weniger droht er selbst wegzuschlürfen. Trotzdem war der Schluck groß genug: "Ich habe ein bisschen viel vom Siegerchampagner geschluckt - das habe ich gemerkt." Berauscht vom Sieg.

Der kurzfristige Kontrollverlust scheint verzeihlich: Sebastian Vettel ist mit seinem ersten Saisonsieg wieder mitten im Titelrennen - auch weil die Konkurrenten Schwächen zeigten. Die beiden Ferraris mit dem Brasilianer Felipe Massa, nun Gesamtführender, sowie dem Spanier Fernando Alonso verzockten sich in der Qualifikation ebenso irreparabel wie die McLaren-Mercedes mit den Briten Lewis Hamilton und Jenson Button: Sie hatten der Wettervorhersage mehr vertraut als dem Blick in den Himmel. Am Renntag blieben Wetterkapriolen aus.

Nach einem blitzsauberen Start von Platz drei an die Spitze blieb Vettel erstmals von technischen Problemen seines Red Bull verschont und nutzte prompt die Zuverlässigkeit zum Sieg: "Wir haben die Basis schon im Qualifying gelegt, deshalb konnten wir uns im Rennen zurücklehnen."

So bestätigt sich nach drei Rennen die Erkenntnis: Entscheidender als der Pilot ist für den Erfolg eines Rennstalls das Auto samt seiner technischen Wettbewerbsfähigkeit. Das demonstrierte vor allem Michael Schumacher. Der größte Star der Zunft zeigte seinen Fans nicht einmal über ein Fünftel der Gesamtdistanz sein Können, weil er in der zehnten Runde wegen einer verschwundenen Radmutter ausschied und mit dem Mofa abrauschte. "Es tut mir leid für Michael, das darf nicht passieren", nahm Mercedes-Motorsportchef Haug sein PR-Zugpferd in Schutz: "Wir werden das untersuchen und abstellen. Bei den Tests waren wir ein Muster an Zuverlässigkeit."

Schumacher steht nun schon vor dem vierten Saisonrennen in zwölf Tagen in China unter Druck: Während er bei jedem Rennen neue Anpassungsprobleme entdeckt, findet sein junger Teamkollege Rosberg immer mehr Anschluss an die Spitzengruppe. "Ich bin in meinem Fahrplan, unser Auto ist es noch nicht", beharrt Schumacher, der Besserung erst mit einem überarbeiteten Auto zu Beginn der Europa-Saison am zweiten Mai-Wochenende verspricht: "Wir haben in Barcelona einiges vor."

Doch nicht nur die Silberpfeile hadern mit ihrem Auto: Ferraris Nummer eins Fernando Alonso gingen WM-Punkte durch die Lappen, als sein Motor kurz vor Schluss aus bisher nicht geklärten Umständen seinen Geist aufgab. Auch die mit Ferrari-Aggregaten angetriebenen Sauber-Autos schieden mit Defekten aus. "Wenn wir ein Problem mit der Zuverlässigkeit haben, ist das Grund zur Sorge", sagt Stefano Domenicali, Ferraris Teamchef.