Melbourne. In drei Tagen steigt in Australien das zweite Rennen der Formel-1-Saison. Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug ist skeptisch, dass es schon in Melbourne für einen Sieg der Silberpfeile reichen könnte. Im Interview erklärt der 57-Jährige, warum seine Piloten Michael Schumacher und Nico Rosberg aber bald ganz vorne sein werden und er beide gleichermaßen schätzt.

Abendblatt:

Sie haben nach dem Saison-Auftakt in Bahrain die Notwendigkeit von Weiterentwicklungen und Verbesserungen am Silberpfeil angemahnt. Wie groß ist der Schritt, den Mercedes bis Australien schafft?

Norbert Haug:

Bis Australien sind nur minimale Veränderungen möglich. Das Rennen im Albert Park von Melbourne wird sicher kein Sonntagsnachmittags-Spaziergang für uns.

Wo weist der Silberpfeil die größten Schwächen im Vergleich zu den schärfsten Konkurrenten Red Bull, Ferrari und McLaren auf?

Bevor die Temperaturen extrem anstiegen, sahen wir in Bahrain noch recht gut aus. Wir hatten dann Grenzen bei der Fahrzeugabstimmung, die daraus resultierende mangelnde Balance wirkte sich im Rennen negativ auf die optimale Reifennutzung aus.

Die Plätze fünf und sechs in Bahrain waren sicher nicht Ihre Wunschergebnisse. Was trauen Sie Michael Schumacher und Nico Rosberg in Melbourne zu und was erwarten Sie von Ihrem Fahrer-Duo?

Unsere Fahrer werden um Siege fahren, sobald unser Auto dazu die Voraussetzungen hat. In Melbourne wird das noch nicht der Fall sein.

Hängt Schumachers Siegfähigkeit nur vom Auto ab, oder denken Sie, dass er nach dreieinhalb Jahren Pause einfach einige Zeit braucht, bis er wieder ganz der Alte ist?

"Er war im Rennen so gut, wie es unser Auto erlaubte. Im Qualifying hat er nach der langen Pause noch ein gewisses Steigerungspotenzial - und ich mache mir keine Sorgen, dass Michael dieses nutzen wird. Wenn wir ihm ein Auto geben, das Pole-fähig ist, kann er auf die Pole fahren, und genauso kann Nico das."

Trauen Sie Nico Rosberg zu, Michael Schumacher auch in Melbourne zu schlagen?

Nico hat vier Jahre Erfahrung mit Formel-1-Autos der letzten Generation. Michael fehlen drei dieser vier Jahre. Dafür war er in Bahrain extrem gut unterwegs. Wir haben eine erstklassige Fahrerpaarung, die sicher das an Resultaten abliefern wird, was unser Auto als Basis möglich macht.

Freut es Sie, dass Rosberg das erste teaminterne Duell zu seinen Gunsten entschieden hat, oder wäre es Ihnen lieber gewesen, Schumacher hätte sich auf Anhieb auch auf der Strecke als Nummer 1 erwiesen?

Ich habe zwei Lieblingsfahrer im Team. Klar ist, dass Nico seine Chance zur weiteren Profilierung in Bahrain genutzt und alle vorher gemachten falschen Spekulationen ad absurdum geführt hat - dort, wo dies am wirkungsvollsten gelingt - auf der Strecke.

Bahrain hat erste Aufschlüsse über das Kräfteverhältnis in der Formel 1 gegeben. Rechnen Sie damit, dass die Hierarchie so bleibt?

Zunächst ja. Aber wir werden aufholen und in einiger Zeit ganz an der Spitze mitfahren. Alle im Team arbeiten hart und voller Begeisterung daran.