Hamburg. Am Sonnabend verteidigt Schwergewichts-Boxweltmeister Wladimir Klitschko (33, Ukraine) in der Düsseldorfer Esprit-Arena seine WM-Titel von WBO und IBF gegen Eddie Chambers (27, USA). Klitschkos Trainer Emanuel Steward (65) erklärt, was die Fans erwartet und was die Zukunft bringt.

Abendblatt:

Herr Steward, Sie gelten als Mahner, der den jeweils nächsten Gegner gern zum schwierigsten der gesamten Karriere ernennt. Warum also ist Eddie Chambers der härteste Gegner, den Wladimir je hatte?

Emanuel Steward:

Eddie Chambers ist vielleicht nicht der härteste Gegner, wohl aber der schnellste. Er hat eine großartige Beinarbeit und extrem flinke Hände. Dazu ist sein Defensivverhalten nahezu perfekt. Je mehr Kämpfe wir von ihm gesehen und analysiert haben, desto größer wurde unser Respekt.

Abendblatt:

Respekt haben zuletzt immer nur Wladimirs Gegner gezeigt. Glauben Sie, dass Chambers trotz seiner 15 Zentimeter Größenunterschied mutig genug ist, ihn zu attackieren?

Steward:

Ich bin mir sicher, dass er das tun wird. Er ist es gewohnt, gegen größere Boxer zu kämpfen. Schauen Sie sich doch an, gegen wen er gewonnen hat: Cisse Salif, Samuel Peter, Calvin Brock, zuletzt in Hamburg gegen Alexander Dimitrenko, den er vorgeführt hat. Durch den Sieg über Dimitrenko weiß er, dass er in Deutschland gegen den Lokalmatadoren gewinnen kann. Welche Kräfte das freisetzt, hat Wladimir schon gegen Tony Thompson spüren müssen.

Abendblatt:

Seine bislang einzige Niederlage hat Chambers im Januar 2008 gegen Alexander Povetkin erlitten. Was haben Sie daraus lernen können?

Steward:

Diesen Kampf bewerten wir nicht über. Chambers ist kaum ernsthaft getroffen worden. Er hat nur verloren, weil er durch den Jetlag am Ende müde war und nicht mehr die Kraft hatte, seinen Stil durchzuziehen. Aber die ersten vier, fünf Runden hat er Povetkin dominiert.

Abendblatt:

Was also muss Klitschko tun, um zu gewinnen?

Steward:

Er muss sehr aggressiv boxen, vom ersten Gong an zeigen, dass er der Herr der Lage ist. Und er muss intelligent boxen, darf sich nicht treffen und vor allem nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wenn es ihm gelingt, Chambers müde zu machen, dann wird er ihn im Verlauf des Kampfes entscheidend treffen und ihn ausknocken.

Abendblatt:

Das heißt, Sie rechnen mit vorzeitigem Kampfende?

Steward:

Ja, ich denke nicht, dass es über die Runden geht. Dazu ist Wladimir physisch zu überlegen. Wenn ein großer talentierter Mann gegen einen kleinen talentierten antritt, dann wird der große Mann immer gewinnen.

Abendblatt:

Ist in Wahrheit nicht Klitschko sich selbst der gefährlichste Gegner? Kann er nicht nur dann verlieren, wenn er Chambers unterschätzt?

Steward:

Das stimmt. Wir erinnern uns alle an seinen Kampf gegen Corrie Sanders. Den hat er nur verloren, weil er Sanders nicht ernst genommen hat. Aber ich bin mir sicher, dass ihm so etwas nicht mehr passiert. Er hat zwar sehr viel Selbstvertrauen, aber er nimmt seinen Beruf zu 100 Prozent ernst. Und dank seiner Erfahrung bringt ihn auch nichts mehr aus der Ruhe.

Abendblatt:

Sollte Klitschko Chambers besiegen, wartet danach Povetkin als nächster Pflichtherausforderer. Wann könnte es den Kampf geben?

Steward:

Ich glaube, dass Povetkin diesen Kampf niemals machen wird. Er traut sich nicht, das ist mein Gefühl. Es ist aber Wladimirs Wunsch und Ziel, den Kampf so bald wie möglich zu machen. Es wäre ein sehr reizvoller Kampf zweier ehemaliger Amateurweltmeister aus Osteuropa. Ich würde ihn gern sehen, aber ich glaube nicht, dass es passiert.