Seit sechs Jahren gehört er zu den Top 100, nun möchte er unter die ersten 20 vorstoßen. Zwei Jahre gibt er sich für dieses Projekt Zeit.

Hamburg. Er hat das Rauchen aufgegeben, sich im Fitnesscenter angemeldet und die Telefonnummer des Pizza-Services vom Kühlschrank genommen. Mit 30 Jahren ist Jan Gustafsson noch zu jung für eine Midlife-Crisis, aber alt genug, um sich neue Lebensziele zu setzen. Der Hamburger Schach-Großmeister will einen letzten Anlauf in die Weltspitze nehmen. Seit sechs Jahren gehört er zu den Top 100, nun möchte er unter die ersten 20 vorstoßen, in die Elite. Zwei Jahre gibt er sich für dieses Projekt Zeit.

"Ich will wissen, was geht, wenn ich mich voll auf Schach konzentriere und alles für den Erfolg tue", sagt Gustafsson. Bisher war er eher schludrig mit seinem großen Talent umgegangen, hatte in seinen Partien oft Härte, Konsequenz und Kampfgeist vermissen lassen. Gern streckte er früh die Hand zum Remis aus, die Selbstsicherheit, auch die Besten herausfordern zu können, war ihm dabei verloren gegangen. Das soll sich nun ändern. Der erste Erfolg stellte sich bereits ein. Beim offenen Turnier in Gibraltar scheiterte er Anfang Februar erst im Stichkampf um den Turniersieg - an seinen Nerven. Gegen den Engländer Michael Adams verlor er eine Gewinnstellung. Derzeit zieht Gustafsson in Rijeka (Kroatien) um die Europameisterschaft. Nach vier Runden hat er drei von vier Punkten.

Schon heute gilt Gustafsson als exzellenter Kenner der Spieleröffnungen, Weltklasse-Großmeister wie der Ungar Peter Leko verpflichteten ihn deshalb als Sekundanten. Nun möchte er von seinen Erkenntnissen selbst profitieren. Acht bis zehn Stunden analysiert er täglich eigene und fremde Partien am Brett und lässt seine Ideen auf seinem Laptop vom ständig mitlaufenden Schachprogramm überprüfen. "Ich bin wieder richtig heiß auf Schach", sagt er und spielt mit einem Zigaretten-Imitat.