Heike Hartmann und Bente Kraus sollen erhöhte Blutwerte aufweisen. Bundestrainer und DESG-Präsident kritisieren die Kontrollmethoden.

Erfurt. Das Bekanntwerden der Namen von zwei deutschen Eisschnellläuferinnen mit erhöhten Blutwerten hat am Rande des Weltcups in Erfurt Wut und Entsetzen in der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) ausgelöst. Nach der Durchsuchung bei Claudia Pechstein und weiteren 20 Häusern und Dienststellen war aus Kreisen der Ermittler vom Bundeskriminalamt BKA durchgesickert, dass in der Datenbank des Weltverbands ISU unter den zwölf Fällen mit auffälligen Blutwerten auch zwei deutsche Sportlerinnen geführt würden. Neben der 28 Jahre alten Heike Hartmann, die das Olympiaticket nur knapp verpasst hatte, handelt es sich dabei um die 20 Jahre alte Nachwuchsläuferin Bente Kraus aus Berlin, bestätigte Bundestrainer Markus Eicher in Erfurt.

"Wer solche Details in die Öffentlichkeit bringt, muss das selbst verantworten", erklärte DESG-Präsident Gerd Heinze an die Adresse der Ermittler. "Ich finde das unintelligent, weil so suggeriert wird, dass strafbare Handlungen begangen wurden", meinte der Verbandschef, der noch tags zuvor erklärt hatte, dass dem Verband keine Informationen über auffällige Blutwerte deutscher Athleten vorlägen. Heinze sprach nun sogar von "Rufmord, der dazu führen kann, dass die Bilanz des Verbandes irgendwann ins Negative abfällt".

Die DESG habe Anzeige gegen Unbekannt erstattet, "aber die Ermittlungen dürfen nicht einhergehen mit öffentlichem Mobbing", klagte Heinze und kritisierte die Unverhältnismäßigkeit der Mittel: "Wenn Beamte in Antiterror-Ausrüstung dort ankommen, dann schießt man mit Kanonen auf Spatzen." Der Verband werde unter Generalverdacht gestellt, die betreffenden Sportler diskreditiert.

"Das Mädel ist dem Nervenzusammenbruch nahe", sagte Heinze über Heike Hartmann, die über 500 Meter Letzte wurde und über 1000 Meter nicht mehr antrat. Gegenüber Medienvertretern wollte die Inzellerin, deren Wohnungen bei der Razzia durchsucht worden waren, keine Stellung nehmen. Nach dpa-Informationen waren bei ihr am 13. Mai 2009 im Trainingslager auf Mallorca im Rahmen einer Dopingkontrolle auffällige Werte festgestellt worden. Zu einem Zeitpunkt also, als Claudia Pechsteins Sperre noch gar nicht ausgesprochen war. Die 38-jährige Berlinerin kritisierte daher nun den Weltverband ISU und fragt sich, warum in solchen Fällen nicht ein ähnliches Prozedere ablief wie bei ihr.

Für Eicher gibt es einen anderen Grund, warum Hartmann zum Zielobjekt der Dopingfahnder wurde. Während der Olympiavorbereitung in Erfurt im Januar sei sie an einem Morgen zunächst um acht Uhr von Kontrolleuren der Nationalen Antidopingagentur Nada getestet worden, drei Stunden später standen Fahnder der Weltagentur Wada vor der Tür. "Da haben Teamchef Helge Jasch und ich nachgefragt, ob dies denn nötig sei. Daraufhin haben die Wada-Leute zurückgezogen. Doch wenige Tage später wurde dies als verweigerte Kontrolle gewertet. Das ist der Wahnsinn, wie Sportler fertig gemacht werden", kritisierte daher der Bundestrainer. "Heike ist Sprinterin. So dumm kann man gar nicht sein, dass man da mit Epo dopt", echauffierte sich der Coach.

Jasch, bei dem bei der Hausdurchsuchung nach eigener Auskunft zahlreiche Dokumente sichergestellt wurden, verwies noch einmal darauf, dass auch Werte von Hartmann und Kraus dem Verband nie mitgeteilt wurden. Nach dpa-Informationen war auch der Olympiastützpunkt Hohenschönhausen durchsucht worden. "Nach Tests erhalten wir nur Hämoglobin und Hämatokrit, aber nie andere Blutwerte", sagte Jasch und unterstrich, dass die Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz zur Suche nach Hintermännern und nicht gegen Sportler stattfänden. "Das Glas Sekt über unsere Erfolge von Vancouver ist noch gar nicht geleert, da kippt man schon wieder Essig hinein", meinte Heinze verbittert.