Toulon. Das erhoffte Tennis-Wunder ist ausgeblieben. Ohne jede Chance verlor das deutsche Team das Erstrundenmatch im Daviscup in Toulon gegen Frankreich mit 1:4. "Die Franzosen haben besser gespielt, das muss man anerkennen", fiel das Fazit von Kapitän Patrik Kühnen ebenso einfach wie ernüchternd aus. Enttäuscht war die Mannschaft besonders über die sportliche Unterlegenheit.

Bereits am Sonnabend war die Partie nach der 1:6, 4:6, 6:1, 5:7-Niederlage von Philipp Kohlschreiber und Christopher Kas im Doppel gegen Julien Benneteau/Michael Llodra mit 0:3 entschieden. Am Schlusstag holte Ersatzmann Simon Greul bei seinem 4:6, 6:2, 1:0-Aufgabesieg gegen Jo-Wilfried Tsonga, der mit dem Fuß umknickte, wenigstens einen Ehrenpunkt, ehe Benjamin Becker gegen Benneteau 2:6, 5:7 unterlag.

Der dreimalige Daviscupsieger Deutschland muss nun vom 17. bis 19. September erstmals nach vier Jahren wieder um den Klassenerhalt in der Weltgruppe kämpfen. Der Gegner steht erst am 11. Mai fest.

Als wäre die sportliche Pleite nicht heftig genug, muss sich das deutsche Team noch mit einer Affäre um Philipp Petzschner beschäftigen. Der Weltranglisten-54. aus Bayreuth hatte sich geweigert, die Athletenvereinbarung mit der Nationalen Antidopingagentur (Nada) zu unterschreiben, die unter anderem eine Meldepflicht des jeweiligen Aufenthaltsortes vorsieht. Petzschner gehört deswegen nicht mehr zum A-Kader des Deutschen Tennis-Bundes und kann so auch nicht mehr im Nationalteam eingesetzt werden.

Für den Nada-Vorsitzenden Armin Baumert ist das alles andere als ein Kavaliersdelikt. "Da gibt es keine Diskussion: Wenn er sich nicht fügt, muss das sanktioniert werden", sagte er. "Uns fehlen die Sanktionsinstrumentarien, aber der Verband muss handeln."

Der DTB sieht allerdings auch keine Möglichkeiten, Petzschner zum Einlenken zu zwingen. "Wir haben keine anderen Möglichkeiten als den Ausschluss aus dem A-Kader", sagte DTB-Sportdirektor Klaus Eberhard, "und die haben wir angewandt."

Sportlich ist in Toulon eingetreten, was jeder erwartet hat. Das französische Team mit den Topspielern Jo-Wilfried Tsonga (Nr. 11 der Weltrangliste) und Gael Monfils (Nr. 15) war zu stark für die deutsche Auswahl, zumal der an der Hüfte verletzte Tommy Haas (Nr. 18) fehlte. Kohlschreiber (Nr. 30) und Becker (Nr. 39), Deutschlands Einzelspieler am Freitag, hatten nicht die Qualität der Franzosen.

Ein erfolgreiches Daviscupteam braucht aber einen Topstar. "Uns fehlt eben ein Spieler, der bei Grand-Slam-Turnieren mal im Finale steht und auch sonst immer vorne mitspielt", sagte Kühnen, "wenn man alles gegeben hat, und es reicht dann nicht, muss man sagen, mehr ist nicht drin."

Die Franzosen, gegen die deutsche Mannschaften seit 1938 nicht mehr gewonnen haben, seien dagegen "in dieser Verfassung ein Titelkandidat", stellte Kühnen fest. Und Eberhard behauptete: "Das war kein Glückslos für uns. Dieses französische Team war die beste Mannschaft, die an diesem Wochenende überhaupt im Daviscup gespielt hat."

Die Franzosen präsentierten sich in Toulon zudem als wahre Mannschaft. Der ehemalige Top-Ten-Spieler Richard Gasquet stellte sich als Trainingspartner zur Verfügung. Der zurzeit verletzte Weltranglisten-21. Gilles Simon saß als Fan auf der Mannschaftsbank. "Die Franzosen sind seit Jahren immer in enger Freundschaft auf der Tour zusammen", sagte Kohlschreiber. "Bei uns ist der Zusammenhalt nicht so groß."

Kohlschreiber war der Verlierer des Wochenendes. Vor einem Jahr hatte er bei der knappen Viertelfinalniederlage gegen Spanien noch überragend gespielt, diesmal überzeugte er weder im Auftakteinzel gegen Monfils, von dem sich Kühnen einiges versprochen hatte, noch im vorentscheidenden Doppel. Und ohne einen Kohlschreiber in Bestform nützen dem deutschen Team auch elf Spieler unter den Top 100 der Weltrangliste nichts.

Neben Petzschner musste Teamchef Kühnen gegen Frankreich auch auf den Hamburger Mischa Zverev, Florian Mayer, den verletzten Andreas Beck und Michael Berrer verzichten. Wie Eberhard gestern mitteilte, soll auch Berrer die Athletenvereinbarung nicht unterschrieben haben, weil er am Stichtag nicht dem A-Kader angehörte.

Kühnen will für die Relegation um den Klassenerhalt die bestmögliche Mannschaft aufbieten - und dafür wieder mit allen Spielern sprechen.