Im gesamten Spiel hatten die Deutschen nur zwei kleinere Tormöglichkeiten. Fast alle Spieler blieben hinter den Erwartungen zurück.

München. Noch vor dem Länderspiel gegen Argentinien einigte sich der Mannschaftsrat mit dem Verband darauf, dass bei einem WM-Titelgewinn 250 000 Euro pro Spieler fällig werden, immerhin 150 000 Euro gäbe es bei einer Finalteilnahme. Hätten die Verhandlungen nach dem Test gegen die Südamerikaner stattgefunden, wäre wohl noch ein satter Aufschlag drin gewesen: Denn beim 0:1 präsentierte sich die Elf von Bundestrainer Joachim Löw alles andere als titelreif.

"Uns hat der Mut gefehlt, das Selbstvertrauen haben wir heute nicht gezeigt", gab Löw zu. "Es haperte am Vorwärtsgang", ergänzte Kapitän Michael Ballack selbstkritisch.

In der Tat: Gegen die äußerst diszipliniert agierenden und gezielt Nadelstiche setzenden Argentinier hatte diese deutsche Mannschaft nicht den Hauch einer Chance - was aber kaum wirklich verwunderte.

Löw sucht knapp 100 Tage vor der WM noch immer seine zentrale Achse. Mit René Adler hat er zwar seinen Stammtorwart gefunden, doch zumindest gestern konnte dieser die Wahl nicht mit Leistung zurückzahlen. Und davor türmen sich die Fragezeichen nur so auf. Auch gegen Argentinien konnte sich der Stuttgarter Serdar Tasci, von dem Löw viel hält, zu selten für den Platz neben Per Mertesacker empfehlen.

In der Zentrale zeigte sich, dass das neue Mittelfeld-Duo Ballack/Bastian Schweinsteiger unter Abstimmungsschwierigkeiten litt, was ebenfalls wenig überrascht, schließlich haben sie in dieser Konstellation noch nicht zusammen gespielt. Davor mühten sich der seine Form suchende Mesut Özil und Bayern-Reservist Miroslav Klose zwar redlich, aber gegen diese resolute Defensive gab es kein Durchkommen. Neuling Thomas Müller zahlte auf der rechten Seite ebenfalls Lehrgeld. Logische Konsequenz: Keine einzige Torchance stand nach 45 Minuten auf der Habenseite, nur ein einziger Torschuss ist der Minusrekord seit 1992, als man begann, diese Statistiken zu führen.

So bahnte sich der Führungstreffer durch Gonzalo Higuain (45.) förmlich an. Sieben Minuten davor war Angel di Maria durch die deutsche Abwehr spaziert, hatte erst Tasci, dann den wegrutschenden Jerome Boateng stehen lassen und mit seinem Schuss die Latte getroffen. Beim 0:1 sah Adler nicht wirklich gut aus. Weil Higuain nach einem schweren Stellungsfehler von Mertesacker freie Fahrt Richtung deutsches Tor hatte, stürmte der Leverkusener heraus, ließ sich aber vom Stürmer umkurven, der dann einschieben konnte. "Ich bin den berühmten Schritt zu spät gekommen. Ich war davon überzeugt, dass ich den Ball bekomme, aber dann war ich eine Zehntelsekunde zu langsam", gab Adler nach dem Abpfiff zu.

Wieder einmal zeigte es sich, dass die deutsche Nationalmannschaft nur dann funktioniert, wenn Löw vor einem Länderspiel einige Tage Zeit hat, um im Maschinenraum alle möglichen Stellschrauben einzustellen und zu justieren, damit das DFB-Spiel auch reibungslos läuft - was in dieser Woche nicht möglich war und sich wie so häufig rächte.

Wer nach der Pause auf eine positive Reaktion gehofft hatte, wurde zunächst böse enttäuscht. Erst in der Schlussphase gab es positive Ansätze durch den eingewechselten Cacau.

Joachim Löw dürfte beim letzten Test vor der Nominierung seines WM-Kaders mit Bauchgrummeln registriert haben, dass er nach diesem misslungenen Übungsspiel gegen Messi und Co. noch weit davon entfernt ist, seine WM-Elf zu finden. Wie schon bei den letzten beiden Turnieren wird er darauf setzen, dass er auf Sizilien und vor allem in Südtirol während der dreiwöchigen Vorbereitung erneut eine starke Einheit formen kann. Sonst wird's nicht nur nichts mit dem WM-Titel, sondern auch nichts mit seinem neuen Vertrag. Dass die DFB-Auswahl in der Fifa-Rangliste gerade auf den fünften Platz hochrutschte, ist jedenfalls nur eine hübsche optische Täuschung.

Das Spiel im Live-Ticker zum Nachlesen

Deutschland : Adler - Boateng, Mertesacker, Tasci, Lahm - Ballack, Schweinsteiger (76. Khedira) - Müller (67. Kroos), Özil (67. Cacau), Podolski - Klose (46. Gomez).

Argentinien: Romero - Otamendi, Demichelis (57. Burdisso), Samuel, Heinze (48. Rodriquez) - Mascherano - Veron (92. Bolatti), Gutierrez, di Maria - Messi, Higuain (62. Tevez). Tor: 0:1 Higuain (45.). Schiedsrichter : Atkinson (England). Zuschauer : 65 152 (ausverkauft). Gelb : Schweinsteiger, Lahm, Cacau - Demichelis, Samuel.