Vancouver. Das Tor, das ihn unsterblich machte, hatte Sidney Crosby überhaupt nicht gesehen. "Ich habe einfach geschossen, plötzlich schrien alle und sprangen auf mich", sagte der Eishockey-Superstar, der Kanada das perfekte Ende der Winterspiele von Vancouver bescherte. Mit seinem goldenen Schuss nach 7:40 Minuten in der Verlängerung im Finalkrimi gegen die USA erfüllte der 22-Jährige seinen 34 Millionen Landsleuten und sich selbst den größten Traum.

"Von so einer Gelegenheit habe ich als Kind tausendmal geträumt", sagte "Sid the Kid" nach dem 3:2 (1:0, 1:1, 0:1, 1:0)-Triumph, der ein ganzes Land in Ekstase versetzte: "Dass so etwas wahr wird, ist unglaublich." Kein Hollywood-Regisseur hätte das Happy End des größten Eishockeyspektakels aller Zeiten besser in Szene setzen können. Ausgerechnet der größte Star und legitime Nachfolger von Wayne Gretzky holte Kanada das letzte und wichtigste Gold der Spiele - mit dem letzten Schuss. "Schöner kann es nicht mehr werden", sagte Crosby, der immer und immer wieder die entscheidenden Sekunden schildern musste. "Ich habe geschrien, damit ich den Puck kriege, und dann habe ich einfach draufgehauen."

Wenige Minuten zuvor hatte es noch so ausgesehen, als sollte ausgerechnet Crosby zum großen Versager der Spiele werden. Drei Minuten vor Schluss, als die Kanadier noch mit 2:1 führten, lief er allein auf das US-Tor zu, scheiterte aber am überragenden Torhüter Ryan Miller, der zum "wertvollsten Spieler" (MVP) des Turniers gewählt wurde. "Das war kein gutes Gefühl", gab Crosby zu. Statt des entscheidenden 3:1 fiel 24,4 Sekunden vor Schluss der Ausgleich, als Zach Parise die siegestrunkenen 17 748 Fans im Canada Hockey Place aus allen Goldträumen riss.

Crosby, dem schon vorher viel misslungen war, schien unter dem enormen Druck zusammenzubrechen. "Er ist noch so jung. Er hat die Last des ganzen Landes auf seinen Schultern getragen", sagte Kanadas Teammanager Steve Yzerman mitfühlend. Mehrmals ging ein Raunen durch das Stadion, weil wieder eine Aktion des Superstars nicht gelungen war. "Es war schwer für mich, ich habe den Weg zum Tor nicht gefunden", sagte Crosby, auf den sich zwei Wochen lang alle Augen gerichtet hatten: "Aber ich habe immer gedacht, irgendwann geht er rein."

Als es um alles oder nichts ging, fand er endlich den Weg und sicherte Kanada, das in der Play-off-Runde Deutschland 8:2 besiegt hatte, gleich mehrere Rekorde: das 14. Gold in Vancouver, den achten Eishockey-Olympiasieg und den ersten olympischen Triumph für die Heimmannschaft seit dem "Miracle on Ice" der Amerikaner 1980 in Lake Placid. Obwohl er erst vor acht Monaten mit den Pittsburgh Penguins den Stanley Cup gewonnen hatte, ordnete Crosby den Olympiasieg noch höher ein: "Du weißt nicht, ob du noch einmal diese Chance bekommst. Vielleicht bleibt es ein einmaliges Erlebnis." Die Fans feierten in den Straßen Vancouvers und vielen anderen Städten Kanadas in jedem Fall so, als gäbe es kein Morgen.