Okay, Boys, jetzt wird's superschwer. In der Nacht zum Mittwoch (1.30 Uhr) müssen die kanadischen Eishockey-Millionäre im Play-off-Spiel um den Einzug ins Viertelfinale gegen Deutschland ran, oder Germany, wie sie hier respektvoll wegen der vielen Medaillen sagen. "Dieses Spiel habe ich mir natürlich gewünscht", sagt John Tripp von den Hamburg Freezers, "vor dem Turnier dachte ich beim Studium des Spielplans, wir könnten erst im Finale aufeinander treffen. Schade, dass es jetzt schon sein muss." Tripp ist Deutschkanadier. Doch diesmal schlagen nicht ach zwei Herzen in seiner Brust. "Wir wollen gewinnen!", stellt er klar. Ein Schmunzeln kann er sich dabei nicht verkneifen.

Wie es zu diesem absoluten Topspiel kommen konnte? Die Deutschen hatten alles dafür getan. Nach drei Niederlagen in der Vorrunde waren sie bereit für das Match gegen den schlechtesten Gruppenzweiten. Und das sind ausgerechnet die Kanadier. Die verloren am Sonntag nach 50 Jahren das erste Mal wieder bei einem olympischen Turnier gegen ihre NHL-"Freunde" aus den USA. 3:5 lautete der Endstand, der eine Nation unter Schock setzte. Superstar Sidney Crosby von den Pittsburgh Penguins entschuldigte sich hinterher öffentlich für die erlittene Schmach.

Die Olympia-Organisatoren müssen die Niederlage geahnt haben. Im Epizentrum der Olympiaparty am Robson Square wurde das Eishockeyspiel nicht live auf der riesigen Videowall übertragen. Die Polizei fürchtete bei einem negativen Ausgang Ausschreitungen. Stattdessen gab es Eistanz - zur Beruhigung der Gemüter. Auf jeden Fall half es. Den Abend über blieb es ruhig in Downtown, auch akustisch, die Stimmung lag noch unter den nächtlichen Temperaturen von vier Grad Celsius. Die Fans, die mit Bussen von weither gekommen waren, trotteten in die Fahrzeuge zurück, die kanadische Fahne hing dabei schlaff über ihre Schultern. Redselig war kaum einer, ihre Blicke gingen ins Leere. Mensch, Leute, hätte man ihnen da zurufen wollen, das war doch nur ein Vorrundenspiel. Aber hätten sie das wirklich hören wollen? Gegen die USA gibt es keine Vorrundenspiele.

Erst der mühsame Sieg gegen die Schweiz im Penaltyschießen, nun die Pleite gegen die vereinigten Eishockeystaaten - langsam dämmert es den Kanadiern, dass die wichtigste Goldmedaille dieser Winterspiele, die einzige, die zählt, kein Selbstgänger werden dürfte. Im Gegenteil: Sie scheint plötzlich unerreichbar. Wayne Gretzky, die Eishockeylegende, der Beckenbauer Kanadas, mochte sein Volk auch nicht aufmuntern. Er mache sich große Sorgen, sagte "The Great One" mit leichenblasser Miene. Das klang staatstragend. Aber auch irgendwie deprimierend. Beckenbauer hätte die bittere Botschaft wenigstens in ein Lächeln verpackt. Der Franz, der kann's, der Wayne weniger.

Da kann man an dieser Stelle nur eindringlich an die deutsche Mannschaft appellieren, sich doch ein wenig zurückzuhalten im Duell mit diesen angeschlagenen Kanadiern. Lasst die auch mal zum Schuss kommen, denn niemand kann doch ernsthaft wollen, dass Olympia fortan Trauer trägt.