Vancouver. Den Kampf um die Nummer eins in der Medaillenwertung hat Bernhard Schwank (49) aufgegeben. In dieser Entschiedenheit hat es der Chef de Mission der deutschen Olympiamannschaft natürlich nicht gesagt, aber es werde "sehr, sehr schwer, die führenden US-Amerikaner in der zweiten Woche noch abzufangen". Und da seien schließlich auch die Norweger, die Kanadier und plötzlich sogar die Österreicher, die um die vorderen Plätze mitstreiten. "Wir wollten wieder die Nummer eins werden, doch wir bleiben im immer härter werdenden Wettbewerb eine der führenden Wintersportnationen", lautete Schwanks Zwischenbilanz. Positiv nannte er sie.

Die Deutschen sind im Moment die beste Wintersportnation aller Zeiten. Im ewigen Medaillenspiegel haben sie die Führung von den Russen übernommen. Die schwächeln nach zahlreichen Dopingskandalen, weil sie sich vier Jahre vor ihren Heimspielen in Sotschi nicht bereits angedrohten Sanktionen der Weltverbände aussetzen wollen. "Sauber bleiben", heißt das Motto der Russen in Vancouver - mit allen Konsequenzen möglicher Erfolglosigkeit.

16 Medaillen (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe), elf von Frauen, vier von Männern, eine im Eiskunstlaufen der Paare, haben die Deutschen bisher in Vancouver (3) und Whistler (13) gewonnen. 29 waren es vor vier Jahren am Ende der Spiele in Turin, als das schwarz-rot-goldene Team mit elf Gold-, zwölf Silber- und sechs Bronzemedaillen das erfolgreichste der 20. Olympischen Winterspiele stellte. Unter den Erwartungen, so Schwank, seien in der ersten Woche nur die nordischen Kombinierer und die männlichen Biathleten geblieben. Die hätten ihre eigenen Zielvorgaben, zwei Medaillen, noch nicht erfüllt. Diese Prognosen muss jeder Verband für den Olympiazyklus abgeben. Sie sind ein Kriterium für die Verteilung der Fördermittel.

Positiv sei, dass elf Medaillengewinner eine Eliteschule des Sports besucht haben und zehn bei Bundeswehr, Bundespolizei sowie Zoll angestellt sind, sagte Schwank. "Das zeigt, dass im Wintersport unser System der Sichtung und Förderung gut funktioniert."

Die zweite Woche, glaubt der Chef de Mission, könnte ähnlich erfolgreich werden wie die erste. An jedem Tag träten chancenreiche deutsche Athleten an die Startlinien.

Das lokale Organisationskomitee Vanoc hat zur Halbzeit eine durchweg positive Zwischenbilanz gezogen. "Wir sind sehr erfreut darüber, wie die Spiele laufen. Dass die ersten drei Tage vor und nach der Eröffnung eine besondere Herausforderung werden würden, war uns klar. Doch inzwischen läuft alles gut", erklärte Vanoc-Vizepräsident Dave Cobb. Das größte Problem zu Beginn seien die Transportsorgen vor allem in den Bergen rund um Whistler gewesen. Doch Vanoc habe darauf schnell reagiert. 100 Fahrzeuge minderer Qualität seien kurzfristig ersetzt und ein reibungsloser Transport so doch noch gewährleistet worden.

Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) ist sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf. "Wir sind sehr erfreut über den glatten Verlauf der Spiele", sagte IOC-Exekutiv-Direktor Gilbert Felli. "Wir erhalten von überall positive Rückmeldungen und sehen fröhliche Menschen, die die Arenen und Straßen füllen." Er habe einen rundum positiven Eindruck gewonnen, so Felli. "Und wir haben keinen Grund zu glauben, dass die nächsten Tage nicht ebenso erfolgreich werden." Das größte Lob erhielt Vanoc für seine Reaktionszeiten bei kleineren Problemen. "Es wird in der Regel binnen 24 Stunden für Abhilfe gesorgt", freute sich Felli, "das ist eine sehr hohe Qualität."