Hamburg. Mit dem Thema Rollstuhlbasketball hatte Ahmet Coskun eigentlich schon abgeschlossen. Der in Ostanatolien geborene Deutschkurde war nach einem positiven Test auf Finasterid (einen in Haarwuchsmitteln enthaltenen Stoff, der andere verbotene Substanzen verschleiern kann) von den Paralympics in Peking 2008 ausgeschlossen und für neun Monate gesperrt worden. Coskun, der anschließend beteuerte, vom Zusammenhang von Haarwuchsmitteln und Doping nichts gewusst zu haben und den Vorfall als unbeabsichtigte "große Dummheit" einordnete, nahm die Sperre zum Anlass und beendete seine Karriere.

Der verheiratete 34-Jährige wollte sich fortan auf seine Familie und seine Tätigkeit als Anwalt in Hamburg konzentrieren. Als dann jedoch die in die Bundesliga zurückgekehrten HSV-Rollstuhlbasketballer im Herbst vergangenen Jahres anfragten, konnte der in Husum aufgewachsene Center nicht Nein sagen. Ohne Vorbereitung stieg er zu Saisonbeginn ein und entwickelte sich zum Topscorer des Teams von Trainer Holger Glinicki. Mit einem Schnitt von 22,5 Zählern pro Spiel belegt er derzeit Rang fünf in der Punktewertung der Liga.

Kein Wunder also, dass viele Hoffnungen beim HSV im Kampf um den Klassenerhalt auch auf dem ehemaligen Fußballer ruhen, dem wegen Knochenkrebs im Alter von neun Jahren ein Bein amputiert werden musste. Seither ist er mit einer Prothese unterwegs, oder sportlich eben auf Rädern. "Wir müssen unbedingt in der Bundesliga bleiben", sagt Coskun. "Nur so kann hier weiter etwas aufgebaut werden."

Ein Sieg am Sonnabend in der heimischen Sporthalle Wandsbek (14 Uhr, Rüterstraße) gegen den Tabellenletzten Köln 99ers ist daher Pflicht. Der HSV belegt derzeit mit nur zwei Punkten Vorsprung auf die beiden Abstiegsplätze den drittletzten Rang. Insgesamt stehen für die Hamburger noch vier Spiele auf dem Programm. Es dürften die letzten in der Karriere Coskuns sein, der seinen Sportrollstuhl endgültig in die Ecke stellen will. Diesmal allerdings mit einem positiven Gefühl - und nicht, wegen des Schadens für seinen Sport und seine Mitspieler, zutiefst bedrückt wie nach der Pleite von Peking.