Vancouver. Es gibt immer noch Menschen, die glauben, in Kanada liege der Schnee nur so herum. Das mag für weite Teile des riesigen Landes auch gelten, und wir haben es aus dem Flugzeug auch gesehen. In der Küstenregion nördlich der Grenze zu den USA herrschen aber nun mal andere (Wetter-)Gesetze. Und dort finden zurzeit die 21. Olympischen Winterspiele statt, die ersten grünen der Geschichte. Auf sie haben wir 86 Jahre warten müssen. Aber Geduld zahlt sich eben aus.

Der Busfahrer aus Las Vegas, der den olympischen Tross tagein, tagaus in die Berge kutschiert, wundert sich wie der Tourist aus Nowosibirsk, der aus seiner kalten Heimat ganz andere Temperaturen gewöhnt ist als diese ständigen zwei, drei Grad Celsius plus - und in der Stadt unten am Pazifik noch ein paar mehr. Fakt ist: In Vancouver, das die Einheimischen auch Raincouver nennen, nieselt es meistens, seit einer Woche bis auf wenige Unterbrechungen ständig, in Whistler wiederum rieselt schmieriger Schneeregen aus den ewig grauen Wolken.

Das stört vor allem die alpinen Skiläufer, die weiter ausharren müssen, um sich irgendwann die Steilhänge hinunterstürzen zu dürfen (siehe Text unten). Der Weltcupzirkus hat sich deshalb längst aus Whistler verabschiedet, weil dort in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr Rennen ausfielen als stattfanden. Gian-Franco Kasper, der Präsident des Internationalen Skiverbandes FIS, bezeichnete das Gebiet bereits als untauglichen Austragungsort. Nicht wegen des fehlenden Schnees, den gibt es ja inzwischen gefriergetrocknet aus Kunststoffkanonen. Schuld an den Absagen war oft der Nebel, der sich gern in der Mitte des Gebirges festsetzt, der sogenannte Mid Mountain Fog. Oben scheint dann die Sonne, unten auch, zwischendurch fehlt jedoch der Durchblick. Das ist selbst den Herren und Damen der Ringe, die sonst so akkurat auf Einhaltung ihrer Fernsehzeitpläne achten, dann doch des Risikos zu viel.

Ursache der trüben Aussichten ist unter anderem El Niño, ein Wetterphänomen aus dem äquatorialen Pazifik, das alle drei oder acht Jahre oder noch häufiger wiederkehrt und - als ein Effekt - für Winter wie diesen sorgt. Das dann wärmere Meerwasser des Ostpazifiks verschiebt dabei Luftströmungen und beeinflusst dadurch das Wetter von Amerika bis nach Europa. Meteorologen hatten schon im vergangenen Sommer prophezeit, dass Olympia 2010 ins Wasser fallen könnte. Sie sollten recht behalten. Ein schöner Erfolg.

Helfen würde den alpinen Rennen eine steife Brise kalten Ostwindes, doch der ist in Vancouver und Umgebung ähnlich selten wie in Hamburg. Meist weht es vom Meer, wo sich die Wolken mit verdunstetem Wasser vollsaugen und vom Wind in die Berge gedrückt werden.

Was ist zu tun? Nichts! Die Natur hat schließlich ihr Recht. Die Frage aber bleibt: Warum bewirbt sich ausgerechnet München um die Olympischen Winterspiele 2018? Hamburg und Berlin böten mehr Verlässlichkeit. Für die Eiswettbewerbe gibt es Hallen, für die Schneedisziplinen inzwischen auch, zum Beispiel den Snow Dome in Bispingen, südlich von Hamburg, und das Alpincenter in Wittenburg, nordwestlich von Berlin. Schließlich ist ein kurzer Abfahrtslauf immer noch besser als gar keiner.