Hamburg. Marek Erhardt hatte wirklich alles gegeben für den HSV. Unermüdlich hatte der Schauspieler versucht, Stimmung in die Sporthalle Hamburg zu bringen. Jeden einzelnen Hamburger Handballer hochgejubelt und sogar "die Damen mit dem Wischmopp" in seine Huldigungen einbezogen ("Sensationell, dass ihr heute hier seid"). Er hatte seine Stimme wahrlich nicht geschont, sie war von Minute zu Minute brüchiger geworden, und am Ende blieb von ihr nur noch ein Krächzen übrig.

Hätte jeder beim HSV derart viel Einsatz an den Tag gelegt wie der Hallensprecher, der den verhinderten Marco Heinsohn vertrat, dann hätte das gestrige Champions-League-Spiel gegen Fyllingen Håndball wohl einen anderen Verlauf genommen. Natürlich mussten das die Hamburger nicht, um gegen den punkt- und hoffnungslosen norwegischen Meister zu bestehen - und das war wahrscheinlich das Problem. Statt des erhofften, ja zu erwartenden Kantersieges wie im Hinspiel (48:17) bekamen die 2466 Zuschauer lange Zeit nur vor Augen geführt, was passiert, wenn eine Mannschaft nicht mehr tut als nötig und die andere etwas gutzumachen hat. Am Ende stand ein 37:21 (17:13) zu Buche, aus dem die Hamburger bis auf die zwei Punkte und die Tatsache, dass sie vorzeitig für das Achtelfinale qualifiziert sind, wenig mitnehmen können.

Das große Schützenfest, der Fall der 50-Tore-Mauer gar waren bereits nach einer Viertelstunde beim Stand von 7:7 abgesagt. Den 17 HSV-Treffern der ersten Halbzeit standen 16 missglückte Versuche und technische Fehler gegenüber. Herzlichste Einladungen der Norweger zum Torwurf wurden lässig ausgeschlagen, und am eigenen Kreis taten sich erstaunliche Lücken auf, die die Mannschaft des früheren HSV-Trainers Anders Fältnäs öfter zu nutzen wusste. Gut nur, dass sich Johannes Bitter zehnmal dazwischenwerfen konnte.

Lag es daran, dass der HSV nicht gefordert war? Am Trainingsrückstand nach der EM im Januar, bei der elf Hamburger im Einsatz waren? Oder wollte der HSV nur Kraft und Konzentration sparen für die Partie am Sonntag bei GWD Minden, wo man sich mit einem Sieg die Tabellenführung vom THW Kiel zurückholen will? Das erste Bundesligaspiel des Jahres dürfte allemal eine größere Herausforderung werden, nachdem das Schlusslicht gestern Trainer Richard Ratka entließ.

Immerhin: Am Ende geriet das Ergebnis doch standesgemäß, und die Fans bekamen noch Anlass zum Feiern. Robert Schulze (18) und Marcel Schliedermann (19) durften auf europäischer Bühne debütieren und trafen auf Anhieb. Sie wurden ebenso mit Sprechchören bedacht wie Torwart Per Sandström, der trotz Infekts zum Einsatz kam. Die Vertragsverlängerung des Schweden dürfte nur noch eine Formalität sein.