Berlin. Manchmal ist es schwierig zu sagen, ob Erfolg nun ein Segen ist oder doch eher ein Fluch. Das musste auch Amelie Kober kürzlich erfahren. Gerade hatte sie den Snowboard-Weltcup in Bayrischzell gewonnen und sollte nun über ihre Gefühle sprechen. "Es ist eine Riesenerleichterung, denn der Druck war ziemlich groß", sagte sie schließlich. Doch innerlich wird sich Kober schon gefragt haben, ob denn unbedingt die Generalprobe vor den Olympischen Spielen für ihren ersten Weltcupsieg des Jahres herhalten musste. Denn sie weiß: Der Druck sinkt nicht, er steigt. "Ich hatte mal gedacht: Gut, dass ich in dieser Saison bisher nicht so überragend war. Jetzt aber liegt der Fokus natürlich wieder stark auf mir."

Kober, 22 Jahre alt, ist seit dem Gewinn der Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Turin 2006 das Aushängeschild des Snowboard Verbandes Deutschland (SVD). Sie ist jung, erfolgreich, gut aussehend - und ganz nebenbei so etwas wie die Lebensversicherung des SVD. Denn der Verband hat keinen eigenen Sponsor und ist deshalb von den erfolgsabhängigen Zahlungen des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) abhängig. Die Verbandsführung lässt mal mehr, mal weniger durchblicken, dass Medaillen aus Vancouver dringend nötig sind, um nicht in massive finanzielle Probleme zu geraten. "Für uns zählen nur Top-Ten-Platzierungen, und eine Medaille wäre wünschenswert", sagt Sportdirektor Timm Stade.

Intern sollen deutlichere Forderungen gefallen sein. Die größten Hoffnungen setzt er dabei natürlich auf seine beste Fahrerin im Parallelriesenslalom. Kober fühlt sich unter Druck gesetzt: "Der Verband jammert immer, dass wir unbedingt Medaillen brauchen. Ich finde es unprofessionell und unfair, uns Sportler so unter Druck zu setzen."

Womöglich vermisst Kober einfach die Leichtigkeit von früher. Vor vier Jahren war noch alles anders. Als 18-Jährige reiste sie zu den Olympischen Spielen nach Turin, und obwohl sie bereits erfolgreich im Weltcup fuhr, kannte sie kaum jemand. Auf der Autobahn kam ihr der Konvoi entgegen, der die Medaillengewinner mit Blaulicht aus den Bergen in die Stadt holte. "Ich dachte: Mein Gott, wenn du eine Medaille gewinnst, sitzt du auch da drin." Eine Woche später rauschte sie tatsächlich in einer flotten Limousine gen Turin.

Dass der Verband ihre Silbermedaille nicht besser vermarkten konnte, macht Kober besonders wütend. "Wenn man ein gutes Marketing hätte, hätte man Sponsoren und wäre nicht so abhängig vom Erfolg der Athleten." Sportdirektor Stade kann solche Aussagen nicht nachvollziehen: "Es ist nicht so, dass unsere finanzielle Situation nur von Amelie abhängig ist. Außerdem ist sie doch gut versorgt, ich verstehe nicht, warum sie so etwas sagt."

Tatsächlich profitierte Kober selbst gut von ihrem Erfolg. Sechs Sponsoren hat sie, dazu kommt ein Werbevertrag mit dem Bekleidungshersteller Willy Bogner. Außerdem ist sie über ihren Arbeitgeber, die Bundespolizei, abgesichert. Kober sagt, sie hätte den Verband gern an ihrem Erfolg teilhaben lassen, aber niemand habe reagiert. Der Verband behauptet, ein solches Angebot habe es nicht gegeben.

Sportdirektor Stade ärgert die ständige Diskussion. "Mir zeigt das nur, dass nicht alle verstanden haben, worum es wirklich geht." Ihm gehe es um den Sport. Und da zumindest läuft es für den Verband richtig gut. "Wir haben acht Fahrer in Vancouver dabei - das macht mich extrem zufrieden", sagt er. Auch Kober sieht die deutsche Mannschaft auf einem guten Weg: "Ich glaube, dass wir uns gut entwickelt haben, das ist auch gut für das Image des Sports. Früher wurden wir eher als Marihuana rauchende Freaks angesehen, heute schon eher als Leistungssportler."