Hamburg. "Jetzt bitte nicht wir", flehte Uwe Kölling. NDR-Moderatorin Inka Schneider hatte gerade den HSV Hamburg als ersten Teilnehmer an der Endrunde um den deutschen Handballpokal aus der Lostrommel gefischt, und womöglich konnte sie den Wunsch des Geschäftsführers des TuS N-Lübbecke gar nicht vernehmen vor der Geräuschkulisse, die in der großen Werkshalle 7 der Lufthansa Technik AG herrschte. Jedenfalls war Köllings Flehen vergebens. Beim Lufthansa Final Four am 10./11. April in der Color-Line-Arena kommt es also zum Duell des großen Favoriten mit dem krassen Außenseiter. Im anderen Halbfinale treffen die Rhein-Neckar Löwen auf den VfL Gummersbach.

Damit, dass sie bei Auslosungen neuerdings ziemlich unbeliebt sind, werden sie beim HSV leben können. Nachdem Titelverteidiger THW Kiel am Sonntag mit 28:35 in Gummersbach ausschied, scheint der Bundesliga-Tabellenführer bereits die Hand am Pokal zu haben. Der Sportwettenanbieter Mybet sieht sogar den Weg zur Meisterschaft geebnet. Wer auf Hamburg setzt, erhält im Erfolgsfall nur noch Quote 1,6, Kiel ist mit 2,05 vergleichsweise ein Außenseitertipp.

Die Lübbecker, die zum ersten Mal in der Endrunde stehen, sollten den HSV am ersten Titelgewinn der Saison nicht hindern können, auch wenn der sportliche Leiter Christian Fitzek weiß, "dass unser Trainer Martin Schwalb genau dieses Spiel gar nicht haben wollte". Im Bundesligaduell hatte seine Mannschaft im Dezember beim 25:24 nur mit Glück eine Heimniederlage abwenden können. "Und keine andere Mannschaft kann sich so intensiv auf das Turnier vorbereiten", warnte Hamburgs Präsident Andreas Rudolph.

Wie schnell das Favoritendasein zur Last werden kann, hat der HSV im vergangenen Jahr bei seiner Halbfinalniederlage gegen Gummersbach erleben müssen. In dieser Saison haben offenbar die Kieler damit zu kämpfen. Auch Rudolph war "erstaunt, wie wenig Widerstand sie in Gummersbach geleistet haben. Das ist nicht der typische THW".

Bundesliga-Geschäftsführer Frank Bohmann ist um das Kieler Aus nicht traurig: "Für unser Final Four ist es gut, dass wir einmal eine andere Zusammensetzung haben." Verloren geht dem Turnier allerdings ein Teil seines Stammpublikums. Etwas mehr als 1600 Eintrittskarten stehen jedem der vier Finalisten zu. Gummersbach konnte sein Kontingent vergangenes Jahr nur teilweise absetzen. Bei den Rückläufern könnten die HSV-Fans zum Zuge kommen, die nicht als Dauerkartenkunden ein Vorkaufsrecht besitzen. Die frei verkäufliche Hälfte der 13 600 Eintrittskarten war bereits im November binnen viereinhalb Minuten vergriffen gewesen.

Das ist einmal eine gute Nachricht, nachdem die Agentur Kick and Rush, die das Turnier vermarkten sollte, im Januar Insolvenz angemeldet hat. 250 000 Euro Sponsoringeinnahme soll die Firma des früheren HSV-Fußballprofis Stefan Schnoor der Liga schulden. Einen Großteil muss Bohmann wohl abschreiben.

Auch der HSV hat Forderungen aus seinem Vertrag mit der Agentur, räumte Rudolph ein. Allerdings halte sich der Schaden in Grenzen: "Das betraf die Zukunft." Offenbar sind kein Gelder, die dem Verein zustehen, in der Insolvenzmasse versickert. Schnoor behauptet sogar, "dass wir für den HSV mehr erwirtschaftet haben, als wir vertraglich verpflichtet gewesen wären". Der vorläufige Insolvenzverwalter habe zudem festgestellt, dass man ohne eigenes Verschulden in die Pleite gerutscht sei.