Österreichs NOK-Präsident Karl Stoss hat Spekulationen über eine Beteiligung deutscher Athleten an der Blutdoping-Affäre neu entfacht.

Vancouver. Das Olympia-Fieber steigt, Vancouver ist bereit und das deutsche Team über Doping-Mutmaßungen entrüstet: Österreichs NOK-Präsident Karl Stoss hat Spekulationen über eine angebliche Beteiligung deutscher Athleten an der Wiener Blutdoping-Affäre neu entfacht. Ungeachtet dessen wächst die olympische Party-Laune. 10000 Fans feierten in Whistler die Ankunft der olympischen Fackelläufer und auf der Vancouvers Partymeile Robson Street vergnügten sich fünf Tage vor Eröffnung der XXI. Winterspiele schon Tausende von Fans.

Mehr als 2700 Athleten aus 82 Ländern sorgen für einen Teilnehmer- Rekord, und trotz Schneemangels in Cypress Mountain konnten die Olympia-Macher auch für die letzte Wettkampfstätte Entwarnung geben. Selbst die angekündigten Proteste von Olympia-Gegnern am ersten Wettkampftag und vor der Eröffnungsfeier werden gelassen gekontert. „Jeder hat das Recht, die Olympischen Spiele zu genießen, nicht nur das Olympic Resistance Network“, erklärte Sicherheitschef Bud Mercer.

Für Ärger sorgte der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Österreichs (ÖOC). „Wenn sie das Wort Humanplasma in den Mund genommen haben, dann denke ich, dass auch eine ganze Menge deutscher Sportler da auf der Liste stehen“, sagte Stoss in der ZDF- Dokumentation „Mission Gold – Die Blutspur der Dopingbetrüger“, die am Mittwoch ausgestrahlt wird. „Da sollte man nicht mit Steinen in Glashäusern werfen, wo man selbst drinnen sitzt.“ Beweise für eine Verstrickung deutscher Athleten in die Affäre der Wiener Blutbank- Firma Humanplasma gibt es bisher aber nicht – und Namen nannte Stoss keine.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) forderte Stoss auf, seine Erkenntnisse offenzulegen und „Ross und Reiter zu nennen, statt dunkle Andeutungen zu machen“. Verärgert reagierte der Präsident des Deutschen Skiverbandes (DSV), Alfons Hörmann: „Immer neue Spekulationen dienen nicht der Sache, daher sollte man den Mund halten und nicht dauernd Unterstellungen in der Raum stellen.“ Ungeachtet dessen gehen fünf Tage vor Beginn des Spektakels die deutschen Asse ihre Olympia-Mission höchst unterschiedlich an. Langläufer, Skispringer und Snowboarder probten bei letzten Wettkämpfen den Ernstfall, Gold-Hoffnung Maria Riesch tanzte am Samstagabend noch beim Ball des Sports und reist wie die 16-malige Eisschnelllauf-Weltmeisterin Anni Friesinger an diesem Montag an.

Die Eiskunstlauf-Favoriten Aljona Savchenko und Robin Szolkowy trainierten mit ihrem Coach Ingo Steuer zum ersten Mal im Pacific Coliseum. Konzentriert probten sie ihre Kür, waren danach allerdings zunächst zu keiner Stellungnahme bereit. Kommentarlos verließen sie durch einen Hinterausgang die Halle. Die beiden befinden sich nach Ansicht ihres Coaches in Topform: „Man sieht im Training, dass sie sehr sicher sind. Seit der EMhaben wir am Limit trainiert, sie sind auf dem Zahnfleisch gegangen“, sagte Steuer am Sonntag. „Gold ist drin. Wir wollen uns konzentrieren und das Ding gewinnen.“ Andere deutsche Athleten gaben sich entspannter. „Das ist alles überwältigend. Überall Olympia-Feeling“, schwärmte die junge Paarläuferin Maylin Hausch. Auch das Athletendorf belebt sich langsam. In Whistler bezogen die Rodler als erste der 93 deutschen Sportler ihre Doppelzimmer. „Ich kenne alle Unterkünfte seit 1984, so ein schönes Dorf habe ich noch nie gesehen“, sagte Thomas Schwab, Sportdirektor des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD).

Die Skirennfahrer haben extra ein Haus in Whistler angemietet, mit einem Einzelzimmer für Maria Riesch. „Es ist nicht schlecht, wenn man mal sein eigenes Zimmer hat, wo man seine Ruhe hat“, sagte die Medaillen-Mitfavoritin in allen fünf Alpin-Disziplinen. Unerfreuliche Störmanöver hat unterdessen die Anti-Olympia- Bewegung „Olympic Resistance Network“ (ORN) angekündigt und zu einem Protestmarsch unter dem Motto „Herzinfarkt 2010: Verstopft die Arterien des Kapitalismus“ aufgerufen. Globalisierungsgegner und politische Aktivisten wollen die Spiele als Plattform ihres Aufbegehrens gegen gesellschaftliche Missstände nutzen. Die Polizei rechnet am Tag der Eröffnungszeremonie mit rund 1500 Demonstranten. Gelassen reagierte Vancouvers Polizeichef Steve Sweeney: „Das ist ein Tag wie jeder andere in unserem Leben.“ Die Unaufgeregtheit der Sicherheitskräfte und Organisatoren ist auffällig. „Wir sind zu 100 Prozent zuversichtlich, dass die Wettkämpfe wie geplant stattfinden können“, sagte Tim Gayda, Vizepräsident des Organisationskomitee VANOC, über die lange Zeit unsichere Situation in Cypress Mountain, der Wettkampfstätte für die Freestyler und Snowboarder.