Hamburg. Wie schnell sich ein Leben verändern kann, erlebte Adam Henrich (26) am vergangenen Sonntag. Der kanadische Eishockeyprofi saß in seinem Apartment in Toronto, als ihm sein Agent Brett Callaghan vom Interesse der Hamburg Freezers aus der Deutschen Eishockey-Liga berichtete. Ein Anruf bei seinem Bruder Michael (29), derzeit in Asiago (Italien) unter Vertrag, aber nach Stationen in Duisburg und Wolfsburg DEL-erfahren, räumte letzte Zweifel aus. "Er sagte, dass ich blöd wäre, ein Angebot der Freezers abzulehnen." Und weil der große Bruder für den 196 cm langen Linksaußen ein Vorbild ist, entschied er sich für einen Wechsel.
Die Freigabe von seinem Klub Cincinnati Cyclones aus der drittklassigen East Coast Hockey League erfolgte umgehend, und so stand Henrich am Dienstagabend beim 4:2-Sieg gegen Ingolstadt bereits auf dem Eis der Color-Line-Arena. Gestern trainierte er erstmals mit seinen neuen Mitspielern. Zu Beginn des Gesprächs wirkt der kräftige Angreifer, der seine Vorliebe für Faustkampfeinlagen nicht verheimlicht, wie der Prototyp eines kanadischen Eishockeyprofis. "Great" sei die Stadt, "very friendly" die neuen Kollegen, "strong" das Team. Das Erreichen der Play-offs sei das Ziel, er persönlich, nach eigenen Angaben mit gutem Schuss und schnellen Händen und Beinen gesegnet, wolle sich mit guten Leistungen auch für die neue Saison empfehlen. Außer Eishockey liebt Henrich Golf und Filme. Worte, die man von Importspielern aus Nordamerika zigmal gehört hat.
Dann jedoch erzählt Henrich von seinem religiösen Hintergrund. Die jüdischen Großeltern mütterlicherseits waren aus Polen vor den Nazis geflohen. Mutter und Vater sind beide in Kanada geboren, der Vater konvertierte der Mutter zuliebe zum Judentum. Die Brüder und die 23 Jahre alte Schwester wurden nach jüdischer Tradition erzogen. "Meine Religion ist mir wichtig. Ich bin gespannt, mehr über die Geschichte der Juden in Deutschland zu erfahren und in Hamburg nach jüdischen Wurzeln zu suchen", sagt Henrich.
Sein Bruder nahm 1996 für Kanada an der Maccabiade, den Weltspielen jüdischer Sportler in Israel, teil. Um Israels Eishockey-Verband in seinem Bestreben, Jugendliche an den Sport heranzuführen, zu unterstützen, spendet Adam Henrich ausrangiertes Equipment für den Nachwuchs. "Irgendwann werde ich auch nach Israel reisen. Jetzt zählt jedoch erst einmal nur Hamburg", sagt er. Und war wieder ganz Eishockeyprofi.
(ber/bj)