Nach dem Sieg in St. Moritz will die Weltmeisterin nun doch nicht auf Herrenski umsteigen. Neureuther Vierter im Slalom.

Berlin. Es waren nur Sekundenbruchteile in diesem Super-G-Rennen von St. Moritz, in denen Maria Riesch erst ein Tor touchierte, dann jäh mit Höchsttempo auf einem Ski balancierte und am Ende knapp einen Sturz vermied. Doch sie reichten, damit der deutschen Rennläuferin "1000 Gedanken durch den Kopf schossen: Wenn ich da einfädele, das hätte schlimm ausgehen können. Ich dachte: Wenns mich schmeißt, ist das wieder das Olympiaaus." Am Ende, sagte Riesch, "war ich froh, dass ich unten war".

Der elfte Platz gestern im Super-G ließ sich für die Olympiafavoritin angesichts der akrobatisch vermiedenen Havarie ebenso leicht verschmerzen wie der wieder angewachsene Rückstand im Gesamtweltcup. Dort verschaffte sich die führende Amerikanerin Lindsey Vonn durch ihren souveränen Sieg vor den zeitgleichen Andrea Fischbacher aus Österreich und Marie Marchand-Arvier aus Frankreich mehr Luft vor Riesch. "Es ist halt ein Auf und Ab. Ich glaube, ich fahre eine sehr gute Saison. Aber durch die vielen Punkte, die Lindsey holt, ist es schwierig dranzubleiben. Ich kann aber auch mit dem zweiten Platz im Gesamtweltcup gut leben", sagte Riesch.

Trotz des wechselhaften Abschneidens in St. Moritz - Freitag war sie in der Super-Kombination ausgeschieden - vermochte das letzte Weltcupwochenende vor den Olympischen Spielen (12. bis 18. Februar) Deutschlands Vorfahrerin Selbstvertrauen einzuflößen. Während Seriensiegerin Vonn in der Abfahrt nach zuvor sechs Erfolgen nur Fünfte wurde, gewann Riesch am Sonnabend mit großem Abstand. Anschließend jubelte sie befreit: "Was vor ein paar Tagen noch nicht machbar schien, ist jetzt doch wahr geworden. Das ist eine unglaubliche Genugtuung für mich und gibt mir enormes Selbstvertrauen für die Spiele."

Als Konsequenz des Parforceritts bleibt ihr Plan B nun doch in der Schublade: Ursprünglich hatte die groß gewachsene Allrounderin geplant, in dieser Woche im Training Männerskier zu testen, wie sie ihre ebenfalls auf Olympiamedaillen fokussierten Konkurrentinnen Vonn und Anja Pärson aus Schweden bereits im Rennen einsetzen. Es wäre jedoch ein gewagtes Experiment mit ungewissem Ausgang gewesen, wie Riesch zugibt: "Ich stand dem Ganzen mit zwiespältigen Gefühlen gegenüber. Einmal fahre ich gut in der Abfahrt, dann denke ich auf der anderen Seite: Vielleicht geht es mit Herrenskiern ja doch noch ein bisschen schneller. Insofern ist es gut, dass ich mit den Damenskiern gewonnen habe."

An einem für die Deutschen im Weltcupzirkus erfolgreichen Wochenende - Gina Stechert gelang am Freitag mit Platz neun in der Super-Kombination nachträglich die Erfüllung der Olympianorm, Felix Neureuther wurde im Slalom in Kranjska Gora gestern Vierter - registrierte der Alpindirektor des Verbands, Wolfgang Maier, erleichtert, "dass nun nicht mehr das Material, sondern wieder der Athlet im Vordergrund steht". Maria Riesch betonte mit Nachdruck: "Ich will in Vancouver jetzt auf jeden Fall eine Medaille. Mein großer Traum ist Gold."

Auch Neureuther darf sich zum Kreis der Anwärter auf eine Medaille zählen. "Ich bin sehr glücklich. Ich kann zufrieden nach Whistler reisen", sagte der 25-Jährige, den bei seinem zweitbesten Rennen in dieser Saison nur 0,13 Sekunden vom Siegertreppchen trennten.

Eine Woche nach seinem ersten Sieg im Weltcup in Kitzbühel und dem folgenden Ausscheiden beim Nachtrennen in Schladming fehlte ihm zunächst ein wenig die Lockerheit. Rang zwölf nach dem ersten Lauf war die Folge. Dann aber drehte Neureuther auf und verpasste den WM-Zweiten Julien Lizeroux (Frankreich) auf Rang drei nur um einen Wimpernschlag.

Der Österreicher Reinfried Herbst feierte vor seinem Landsmann Marcel Hirscher Saisonsieg Nummer vier.