Melbourne. Man hat es schon länger kommen sehen. Chinas Vormarsch in der Welt des Profitennis scheint seit etwa fünf Jahren unaufhaltsam, vergleichbar mit dem Vordringen der Russinnen zuvor. Bei den Australian Open in Melbourne haben die Asiatinnen auf ihrem langen Marsch nun ein neues Etappenziel erreicht. Erstmals stehen zwei Chinesinnen im Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers, und erstmals gehört eine Chinesin zur Top Ten der Weltrangliste.

Am Mittwoch warf Li Na die siebenmalige Grand-Slam-Siegerin Venus Williams mit 2:6, 7:6 (7:4), 7:5 aus dem Wettbewerb. Bereits am Tag zuvor hatte sich Zheng Jie für die Vorschlussrunde heute qualifiziert. "Ob der Sieg der größte meiner Karriere war, kann ich noch nicht sagen", meinte Li Na, "es kommen bei dem Turnier ja noch ein paar Spiele." Nichts scheint unmöglich, und ein Ziel hat die 27-Jährige ja schon erreicht. "Ich wollte in diesem Jahr unter die besten zehn vorstoßen", sagte sie, "und jetzt ist erst Januar."

2004 machten die Spielerinnen aus dem Reich der Mitte erstmals nachdrücklich auf sich aufmerksam, als Li Ting und Sun Tiantian bei Olympia in Athen Gold im Doppel gewannen. Im Zuge der Olympiabewerbung für 2008 hatte der Verband systematisch mit der Ausbildung von Tennisspielern begonnen. Landesweit wurden Stützpunkte angelegt. Der Weltverband ITF startete zudem diverse Projekte in China, um Tennis populärer zu machen. "Tennis wird bei uns größer und größer", sagt Li Na, die zuletzt einen persönlichen Erfolg in Verhandlungen mit ihrem Verband verzeichnen konnte. Statt wie bisher 60 Prozent muss sie nur noch zwölf Prozent ihres Preisgelds abgeben.