Melbourne. Am Sonntag saß Tommy Haas in einer Maschine Richtung USA. Es kann kein schöner Flug gewesen sein nach der 4:6, 6:3, 1:6, 5:7-Niederlage bei den Australian Open gegen Jo-Wilfried Tsonga und mit der Angst um die Karriere im Kopf. Auf so einer langen Reise von Australien über den Pazifik können einem jede Menge schlechter Gedanken kommen.

Warum einem so etwas nun wieder passieren musste, zum Beispiel. Schon nach dem ersten Spiel zwickte es im rechten Knie und in der Hüfte, die Probleme wurden größer je länger die Partie dauerte. Von einem "stechenden Schmerz" sprach Haas hinterher und davon, dass er das rechte Bein nicht belasten konnte. Auch die Behandlung durch den Physiotherapeuten nach dem zweiten Satz brachte keine Linderung. "Ich muss den Rücken jetzt genau anschauen lassen", sagte Haas, "das ist eine Sache, die mich sehr beschäftigt." Das ist angesichts seiner dicken Krankenakte kein Wunder. Niemand kennt seinen fragilen Körper besser, als der 31 Jahre alte gebürtige Hamburger, der im 16. Jahr als Tennisprofi unterwegs ist. Drei Schulteroperationen waren die schwersten Fälle immer wiederkehrender körperlicher Gebrechen. Haas weiß genau, dass er im Herbst seiner Karriere nur noch auf Bewährung seines Körpers spielt.

In Melbourne hat er mit drei Halbfinalteilnahmen so erfolgreich gespielt wie sonst bei keinem Grand-Slam-Turnier. Wieder einmal stand er am Sonnabend in der dritten Runde als letzter von insgesamt 19 gestarteten Deutschen auf dem Platz. Haas hat in Australien treue Fans, die ihn auch gegen Tsonga lautstark anfeuerten. Eigentlich war alles für ein weiteres Tennisfest bereitet, eigentlich. "Mit meinem variablen Spiel habe ich ganz gute Chancen gegen Tsonga, dafür muss ich aber ganz fit sein", hatte Haas vorher gesagt. Das war er nicht. Erste Probleme hatte er allerdings bereits nach dem Fünf-Satz-Sieg am Donnerstag gegen den Serben Janko Tipsarevic bemerkt, das Training am Freitag lief dann gut. Aber ein Match ist eben etwas anderes.

Die Niederlage gegen den an Nummer zehn notierten Franzosen, die den ehrgeizigen Haas normalerweise an die Grenze des Ausrastens gebracht hätte, schien ihn dann kaum noch zu interessieren. "Keine Ahnung, wie es jetzt weitergeht. Ich muss schauen, wie ich mich körperlich fühle", sagte Haas, der darauf hofft, spätestens zum Turnier in Memphis am 15. Februar wieder fit zu sein.

An einen Einsatz für Deutschland im Daviscup verschwendet Tommy Haas noch keinen Gedanken. Kapitän Patrik Kühnen hatte Haas für die Erstrundenpartie vom 5. bis 7. März in Toulon gegen Frankreich geworben. Aber das ist wohl vergeblich, insbesondere nach den neuerlichen Problemen. "Ich werde ein bisschen mit Patrik reden, es ist keine leichte Entscheidung", sagte Haas, "wenn die Deadline da ist, teile ich meine Entscheidung mit." Er wird wohl Nein sagen.

Auch die deutschen Damen mussten einmal mehr in Melbourne frühzeitig ihre Koffer packen. Sie haben dennoch Eindruck hinterlassen, vor allem Angelique Kerber hat sich in einer Art präsentiert, die ihr kaum jemand zugetraut hätte. Fedcup-Chefin Barbara Rittner war voll des Lobes über die Kielerin, die sich ohne Trainer und mitgereiste Eltern beeindruckend durch die Qualifikation kämpfte und erst in der dritten Runde in drei Sätzen an der an Nummer drei gesetzten Russin Swetlana Kusnezowa knapp scheiterte. "Das war eine tolle Leistung", sagte Rittner. Der 22-Jährigen, der die Selbstständigkeit gut tat, machte sie Hoffnung auf einen Platz im Fedcup-Team gegen Tschechien.

Gesetzt ist für die Partie Anfang Februar in Brünn Andrea Petkovic. Die deutsche Meisterin aus Darmstadt zählt ebenso zu den Aufsteigern. "Ich fühle, in mir ist eine Führungsspielerin", sagte die 22-Jährige, die das Team anstelle der pausierenden Sabine Lisicki anführen soll. 2008 riss der Weltranglisten-49. in Melbourne ein Kreuzband, was sie noch immer belastet. "Doch es wird weniger", erzählte sie. Man könne noch einiges von ihr erwarten; zumal sie ja noch nicht so lange dabei sei: "Als Tennisspielerin fühle ich mich wie 18."

Eine Enttäuschung war dagegen Sabine Lisicki. Die gesteckten Ziele haben sie überfordert. Im Streben, die Top 10 anzugreifen, verkrampfte die in Florida trainierende Berlinerin. Tränen flossen nach ihrem Zweitrunden-Aus gegen die Italienerin Alberta Brianti. "Ich habe alles versucht, aber nichts hat geklappt", sagte die 20-Jährige. "Hoffentlich war das der einzige schlechte Tag in diesem Jahr."