Hamburg. Wer Daniel von Drachenfels ärgern möchte, der muss ihn auf seinen Nachnamen ansprechen, der auf ein Adelsgeschlecht zurückgeht, das einst in der Burg Drachenfels bei Bonn gelebt haben soll. "Ich habe schon vieles gehört", winkt er genervt ab, "Krieger aus 'Herr der Ringe' war noch eine der besseren Ideen." Daniel von Drachenfels ist jedoch kein Krieger, sondern ein Hockeyspieler, der bis zu seinem sechsten Lebensjahr Schulte hieß und dann durch die zweite Ehe seiner Mutter den Namen seines Stiefvaters annahm. Als Sportler ist er so talentiert, dass man sich seinen Namen - was nicht schwerfallen dürfte - merken muss.

An diesem Sonnabend (14 Uhr, Hallerstraße) trifft er mit Nordmeister Club an der Alster im Viertelfinale um die deutsche Hallenmeisterschaft auf den Westzweiten Mülheim. Mit 23 Treffern hat der 23-Jährige gehörigen Anteil daran, dass das Team von Joachim Mahn die reguläre Saison mit nur einer Niederlage abschloss. Und nun will der Angreifer, der sich dank seiner großartigen Technik unterm Hallendach wohler fühlt als auf dem Feld, mehr: Um im Viertelfinale und bei einer möglichen Endrundenteilnahme in Berlin (30./31. Januar) zur Verfügung zu stehen, lehnte er eine Einladung von Feld-Bundestrainer Markus Weise für die Teilnahme am Vorbereitungslehrgang für die WM Anfang März in Indien, der in dieser Woche in Südafrika startet, ab. "Ich glaube nicht, dass ich noch Chancen gehabt hätte, in den WM-Kader zu rutschen. Meine Zeit kommt erst danach", sagt er.

Mangelndes Selbstbewusstsein ist dem 185 cm großen Athleten grundsätzlich fremd. Dass er nicht für die Hallen-EM am kommenden Wochenende in den Niederlanden nominiert wurde, sei dem Fakt zuzuschreiben, dass er sich zu spät für die Absage an Weise entschieden habe. "Als ich absagte, stand der EM-Kader schon fest. Aufgrund meiner Leistungen wäre ich sicherlich ein Kandidat gewesen", sagt er. Im neu formierten Alster-Team, das gegen die defensivstarken Mülheimer auf Abwehrchef Konstantin Rentrop (Handbruch) verzichten muss, sieht er sich als Spielgestalter. "Wir haben viele Arbeiter, ich bin mit Alessio Ress für das Kreative zuständig". Darüber hinaus fungiert der Torjäger auf Auswärtsfahrten als DJ; eine Position, die er sich dank seiner Karriere als Rapper - 2002 nahm er mit seiner Band "Koma Kind" zwei Studioalben auf - erarbeitet hat.

Von Drachenfels kam im Sommer 2008 von Hannover 78 nach Hamburg, wo er bereits 2005/06 für den Harvestehuder THC gespielt hatte. Damals war er als A-Jugendlicher seinem heutigen Trainer aufgefallen. "Unser Coach Peter Krueger war verhindert, da hat Jo ihn - als Alster-Trainer für ein HTHC-Team - vertreten. Seitdem waren wir in ständigem Kontakt." Nachdem er seine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann in der Sanitärbranche abgebrochen hatte ("Toiletten schleppen um sieben Uhr morgens war nichts für mich"), hielt ihn nichts mehr in Hannover, und er gab dem Werben Mahns, den er als "Ziehvater" bezeichnet, nach. "Alster hat sich sehr um mich bemüht", sagt er, was sich auch daran zeigt, dass er derzeit in Mahns Eppendorfer Wohnung lebt und demnächst im Klub eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann beginnt.

Am Hockey schätzt der frühere Langstreckenläufer, der als Fußballfan mit Borussia Dortmund und dem HSV sympathisiert, das familiäre Element, das er selbst als Jugendtrainer bei Alster aufrecht erhält. Eine Familien-Zusammenführung innerhalb der Klubgemeinschaft ist deshalb bereits geplant. Bruder Hendrik (18), derzeit beim DHC Hannover aktiv, soll spätestens nach dem Abitur 2011 nach Hamburg wechseln.