Hamburg. Das kleine Päckchen Eintrittskarten für das heutige Heimspiel seiner Hamburg Freezers gegen die Augsburger Panther (19.30 Uhr, Color-Line-Arena) genügt, um Martin Walter die Laune zu verhageln. "Wenn ich früher vier Tickets zu verteilen hatte, wurden mir die aus der Hand gerissen. Heute muss ich lange herumtelefonieren, um sie loszuwerden", sagt der Verteidiger mit einem Blick auf die Einlass-Scheine, die neben ihm auf dem Tisch liegen.

Derlei Folgen des sportlichen Tiefflugs des Tabellenvorletzten der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) sind es, die Walter in den vergangenen Monaten zugesetzt haben. An manchen Tagen bitte er morgens seine Freundin Marijke, zum Brötchenholen zu gehen, weil er keine Kraft dazu verspüre, die Situation schönzureden. "Es ist klar, dass ich als Profi bis zuletzt glauben muss, dass wir die Play-offs noch erreichen. Wir haben die Pflicht dem Verein und den Fans gegenüber, die Saison ordentlich zu Ende zu bringen", sagt er. Was er nicht sagt, aber zwischen den Zeilen anklingen lässt: Der Frust sitzt bisweilen so tief, dass selbst Leistungsträger es nicht immer schaffen, an ihre Grenzen zu gehen.

Dass Walter sich derlei Gedanken macht, zeugt vom Reifeprozess, den er in der vergangenen Saison durchlaufen hat. Nach sechs Jahren in Hamburg war der elfmalige Nationalspieler in sein Geburtsland Tschechien gewechselt und hatte in Litvinov mit einem "Durchschnittsteam" eine starke Saison gespielt. "Dort habe ich gemerkt, wie sich sportlicher Erfolg auf die Motivation auswirkt", sagt er. Wie Walter persönlich von der Auslandserfahrung profitierte, war vor allem bis zu seiner Oberschenkelverletzung, die ihn im November für sechs Wochen außer Gefecht setzte, zu sehen. Seine Schwächen im Aufbauspiel hat er abgestellt, sein Zweikampfverhalten ist von höherer Aggressivität und mehr Cleverness geprägt.

Gerne wäre Walter in Litvinov geblieben, doch da in Tschechien ligainterne Vertragsverhandlungen vor Ablauf der Saison mit hohen Geldstrafen geahndet werden, entschied er sich im Frühjahr für Planungssicherheit und unterschrieb bei den Freezers. "Hamburg ist meine Heimat, ich identifiziere mich mit dem Klub. Deshalb tut mir der Absturz auch persönlich so weh", sagt er.

Über die Gründe für die Misere mag er öffentlich nicht diskutieren. Das Gefühl allerdings, dass unter dem neuen Sportdirektor Stephane Richer mit neuer Philosophie und neuen, vor allem guten deutschen Spielern in der kommenden Saison vieles besser wird, ist nicht nur Hoffnung wie in den Vorjahren, sondern fester Glaube. Trotzdem sagt Walter: "Es darf jetzt nicht passieren, dass alle nur noch an nächste Saison denken. Am Erfolg des Teams hängen auch Jobs, deshalb müssen wir alles tun, um diese Saison zu retten."