Das 91. Nordderby steht an. Der HSV will sich eine gute Ausgangsposition für die Rückrunde verschaffen - die Fans sehnen nach Revanche

Hamburg. Am Donnerstag noch Pflichtübungen in der Europa League, am Sonntag folgt nun der Showdown in der Bundesliga: Trifft der Hamburger SV im Prestige-Duell auf Werder Bremen, wird jegliche hanseatische Zurückhaltung aufgegeben. Rustikal und hitzig wie immer wird es vermutlich auch am Sonntag (ab 15.30 Uhr im abendblatt.de Live-Ticker) in der Hamburger Nordbank-Arena zugehen, wenn sich die Nordrivalen zum Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga treffen.

Zum 91. Mal stehen sich beide Teams gegenüber - keine Partie gab es häufiger in der Eliteliga. „Das wird ein Riesenkracher“, betont HSV- Mittelfeldakteur Marcell Jansen. Nationalspieler Per Mertesacker von Werder Bremen sieht das nicht anders: „Dieses letzte Spiel vor Weihnachten ist noch einmal eine ganz andere Hausnummer. Unsere Motivation ist riesengroß.“ Vier Tage vor der Bescherung hoffen die HSV-Fans in dem seit Wochen ausverkauften Stadion auf Revanche.

Die Verbitterung aus der vergangenen Saison sitzt tief. Damals hatten die Bremer den hanseatischen Kollegen von der Elbe einen Dreifach-K.o. binnen 19 Tagen verpasst: Erst warfen sie die Rothosen aus dem DFB-Pokal, dann katapultierten sie sie aus dem UEFA-Cup und verbauten ihnen schließlich den Weg zu Meisterschaft und Champions League. Zurück blieb ein konsternierter HSV-Clubchef. „Dieses Trauma“, stöhnte Bernd Hoffmann, „wird aus der Clubgeschichte nicht mehr zu tilgen sein.“ Trainer Bruno Labbadia freut sich aber auf die Partie: "Ein Derby ist immer ein Zuckerl."

Der Kader des HSV wird der gleiche sein, wie gegen Tel Aviv. Lediglich Jonathan Pitroipa, der zuletzt verletzt ausfiel, und Tolgay Arslan, der in der Europa League nicht spielberechtigt ist, könnten noch in den Kader rutschen. Warm geschossen für das Nord-Duell hat sich lediglich Werder. Mit 3:0 fegte die Mannschaft von Trainer Thomas Schaaf in der Europa League den spanischen Tabellensiebten Athletic Bilbao vom Platz und stürmte ohne Niederlage als Gruppen-Erster in das Sechzehntel-Finale. Von einem ähnlichen Durchmarsch waren die Hamburger, die einige Stamm-Kräfte schonten, weit entfernt. Zum Abschluss der Gruppenphase kassierten sie ein 0:1 bei Hapoel Tel Aviv und kamen lediglich auf Rang zwei in Gruppe C.

Beide Nordteams müssen sich in der kommenden Runde mit niederländischen Teams auseinandersetzen. Der frühere HSV-Stürmer Horst Hrubesch fischte am Freitag in Nyon den PSV Eindhoven als Gegner des HSV aus dem Lostopf, Werder bescherte er den Tabellenführer der Ehrendivision, den FC Twente Enschede. „Eindhoven ist eine absolute europäische Top-Mannschaft. In Fred Rutten haben sie einen Trainer, der sich in der Bundesliga perfekt auskennt. Es werden sicherlich zwei heiße und spannende Spiele“, kommentierte HSV- Trainer Bruno Labbadia das Los. HSV-Holländer Eljero Eliah freut sich auf seine Landsmänner: "Die Freude ist groß. Ich kenne die Mannschaft noch ziemlich gut und habe viele Freunde dort."

Im Duell der punktgleichen Tabellennachbarn - Werder Vierter, HSV Fünfter - geht es am Sonntag um den Kontakt zur Spitze. „Der Gewinner bleibt dran“, sagt Mertesacker. „Wir stehen genauso wie der HSV vor der Frage: Wohin geht es in der Bundesliga?“ Die Bilanz spricht für die Bremer: Von den letzten acht Bundesliga-Duellen in Hamburg gewannen sie vier und erstritten zwei Remis. „Wir haben noch eine Rechnung offen“, raunzt HSV-Abwehrspieler Guy Demel, und Werder- Kapitän Torsten Frings meint: „Wir haben den Hamburgern im Frühjahr alles versaut, was man ihnen versauen kann. Die werden brennen.“

Zur Reizfigur in Hamburg ist Werders Torwart Tim Wiese aufgestiegen. „Scheiß-HSV“, sang er nach dem jüngsten 2:0-Erfolg der Bremer in der Bundesliga via Megafon gemeinsam mit den Fans. Zuvor hatte er den Rivalen unterstellt, sie hätten grundsätzlich „die Hosen voll“, wenn es gegen Werder geht. In unguter Erinnerung ist auch seine Kamikaze-Attacke gegen den Kroaten Ivica Olic. „Das wird eine sehr aufgeheizte Stimmung sein“, befürchtet Frings. Klaus Allofs will deshalb Druck aus dem Kessel lassen. „Wir haben ein entspanntes Verhältnis miteinander“, sagt der Werder-Geschäftsführer und ermahnt die Fans beider Lager: „Die Rivalität muss sich aufs Sportliche beschränken.“