Der Kanadier Bill Stewart spricht im Interview mit dem Hamburger Abendblatt über seine Zeit und seine Erfahrungen in der Hansestadt.

Hamburg. Abendblatt: Herr Stewart, am Sonntag ist es genau ein Jahr her, dass Sie als Trainer der Hamburg Freezers entlassen wurden. Mit welchen Gefühlen kommen Sie in die Color-Line-Arena zurück?

Bill Stewart: Nur mit positiven. Ich habe meinen Job in Hamburg sehr geliebt. Der Klub ist hervorragend organisiert, die Halle ist toll, die Stimmung ist gut. Welchen Grund hätte ich also, mich nicht auf die Rückkehr zu freuen?

Abendblatt: Nun ja, die Umstände Ihrer Entlassung haben Sie damals nicht gerade erfreut, um es neutral auszudrücken.

Stewart: Das ist richtig. Es war das erste Mal in meiner Karriere, dass man mir gesagt hat, ich sei nicht gut genug für meinen Job. Das hat mich natürlich getroffen. So etwas ist nicht schön, und das vergesse ich auch nicht. Aber ich bin kein Mensch, der zurückblickt. Deshalb denke ich nicht mehr daran.

Abendblatt: Wie lange hat es denn gedauert, bis Sie über die Trennung hinwegkamen?

Stewart: In dem Moment, in dem man mir den Stuhl vor die Tür gestellt hat, hatte ich mit Hamburg abgeschlossen. Das ist der Charakter des Biestes, den ich in mir habe.

Abendblatt: Sie haben dennoch ein Jahr gebraucht, um einen neuen Job anzunehmen. Manche wollen sofort beweisen, dass sie zu Unrecht entlassen wurden.

Stewart: Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich etwas beweisen müsste. Ich hatte einige Angebote, aber ich wollte nur einen Job annehmen, bei dem ich das Gefühl habe, sportlich etwas erreichen zu können. Das habe ich in Köln. Ich bin doch ein Glückspilz. In der DEL in Mannheim, Hamburg und Köln gearbeitet zu haben, das ist doch das Beste, was man bekommen kann.

Abendblatt: Wie sehen Sie die Freezers? Was hat sich in dem Jahr nach Ihnen verbessert?

Stewart: Um ehrlich zu sein, habe ich mich mit den Freezers nicht mehr sehr eindringlich beschäftigt. Ich wusste zwar immer, was in der DEL passiert, aber was genau in Hamburg los ist, weiß ich nicht mehr.

Abendblatt: Haben Sie denn keinen Kontakt mehr hierher?

Stewart: Oh doch, ich spreche regelmäßig mit einigen Leuten im Verein und im Team. Aber ich beurteile aus der Ferne nicht gern andere Mannschaften. Fakt ist aber, dass die Freezers heute nicht besser dastehen als bei meiner Entlassung. Ich habe immer gesagt, dass uns die Verletzungen gekillt haben. Das wollte niemand hören, aber ich denke, mein Nachfolger Paul Gardner macht jetzt ähnliche Erfahrungen. Vom Papier her ist das Team stark, aber das ist mein Team auch, und trotzdem stehen beide im unteren Tabellendrittel.

Abendblatt: Wie haben Sie den Wechsel in der Geschäftsleitung aufgenommen? Immerhin waren Sie nie der beste Freund von Boris Capla.

Stewart: Ich kenne den neuen Mann Michael Pfad nicht, deshalb kann ich nicht sagen, ob es den Freezers mit ihm besser gehen wird. Das kann nur die Zeit zeigen. Auf jeden Fall habe ich nicht gejubelt, als Capla entlassen wurde, denn es ist nie schön, wenn Menschen ihren Job verlieren. Wirtschaftlich und von der organisatorischen Seite her hat er einen Super-Job gemacht. Über den Rest sage ich nichts.

Abendblatt: Sie selbst haben in Köln nun die Aufgabe, an einem Traditions-Standort ein Team ohne Selbstvertrauen wieder in Richtung Titel zu führen. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt?

Stewart: Alles. Ich bin hier nicht nur Trainer, sondern auch Sportlicher Leiter. Das heißt, ich kann meine Vorstellungen verwirklichen. Das ist perfekt für mich. Dieser Klub hat großes Potenzial, und alle haben erkannt, in welche Richtung wir gehen müssen, um nach 2002 endlich wieder einen Titel zu holen. Aber wir haben sehr viel Arbeit vor uns, die Geduld erfordert. Geduld, die man in Hamburg nicht hatte.