Bremen. Wären da nicht die schwarzen Anzüge mit dem "Germany"-Aufdruck, man könnte die Trainingsgruppe in Halle 2 des Sportvereins Bremen 1860 glatt für einen Fitnesskurs halten. Aus einem weißen Gettoblaster wummern 140 Beats pro Minute, und 17 Frauen und Männer bringen unter den Kommandos von Stephanie Buck ihre Glieder in Bewegung. Auf ihren Gesichtern liegt ein Lächeln, und es ist immer noch da, als sie sich die Trainingsjacken abstreifen und zum zweiten Teil ihres Aufwärmprogramms übergehen: dem Warm-Stunten. Tanita Jähnel steigt auf die Hände ihrer Kollegen, lässt sich gefährlich nahe an die Hallendecke katapultieren und - einen Salto mit Doppelschraube später - wieder in die fangbereiten Arme sinken.

Angst? "Nur Respekt", stellt sie richtig. Die Schülerin von den Hamburg Swans ist mit ihren 16 Jahren das jüngste Mitglied der Mixed-Nationalmannschaft, die am Wochenende bei den 5. Cheerleading-Weltmeisterschaften in Bremen vortanzt. 3000 Teilnehmer aus 20 Nationen kämpfen in drei Kategorien um Medaillen - und gegen Vorurteile. Vor allem jenes, wonach es hier nicht um Sport gehe. "Was wir machen, hat nichts mit Pompon wedelnden Mädchen in amerikanischen Fernsehfilmen zu tun", stellt Leistungssportdirektorin Ramona Marshall klar. Nur das Lächeln, das gibt es wirklich.

Manchmal aber könnte es Christian Schramm und Michael Schneider vergehen. "Man muss sich schon mal fragen lassen, warum man keinen Rock anhat", erzählt Schramm. Zum Team der Hamburg Blue Angels ist er einst durch eine Freundin gekommen. Bei Schneider war es vor 13 Jahren ein Aufruf im Stadionheft der Blue Devils. Die Footballer, 2003 letztmals deutscher Meister, spielen mittlerweile in der dritten Liga. Einzig die Leistung der Angels erinnert an bessere Zeiten. "Die große Kulisse fehlt ein bisschen", gibt Trainerin Buck zu.

In Bremen nicht. Mindestens 8000 Zuschauer werden erwartet. Um die anzufeuern, die sonst dazu da sind, das Publikum anzufeuern. "Es ist schön, auch mal im Mittelpunkt zu stehen und nicht nur an der Seitenlinie", sagt Schramm. Wenn die Footballsaison zu Ende ist, geht seine erst richtig los. Dann baut er Pyramiden auf Meisterschaften, Straßenfesten, Sponsorenveranstaltungen. Neulich hatten sie einen TV-Auftritt im "Quatsch Comedy Club". Die Einnahmen werden in Ausrüstung und Reisekosten gesteckt. Übrig bleibt nichts. "In Asien oder den USA kann man sich mit Cheerleading zumindest das Studium finanzieren", weiß Schneider, "das ist ein anderer Schnack.". Allein die Japaner haben ihr Team unter 3000 Athleten rekrutiert, vor der WM ging es 14 Tage ins Trainingslager.

Den Gastgebern blieben zur unmittelbaren Vorbereitung nur vier Tage. Das Team ist bunt gemischt, die Altersspanne reicht von 16 bis 40, die Herkunft von Berlin bis Baden-Württemberg. Überhaupt ist es das erste Mal, dass Deutschland in der Königsdisziplin Cheer Mixed ins Rennen geht. "Es wäre schön, wenn wir beste Europäer werden", sagt Buck. Aber eigentlich hat sie vor allem einen Wunsch: "dass alle Mannschaften angefeuert werden und die Stimmung in der Halle gut ist".

Mehr können Cheerleader nicht erreichen.