Nach der Niederlage gegen Ciudad Real zieht HSV-Sportchef Christian Fitzek Bilanz und verrät, warum es nicht gelang, die Spanier zu bezwingen.

Hamburg. Am Tag danach haben sich die Wogen der Erregung bei den HSV-Handballern geglättet, doch der Ärger über die 28:30-Niederlage bei Champions-League-Sieger BM Ciudad Real ist beim sportlichen Leiter Christian Fitzek nicht verflogen. Das Abendblatt erreichte ihn auf der Fahrt von Ciudad Real in Spaniens Hauptstadt Madrid.

Abendblatt: Wie fühlt sich die Niederlage mit einem Tag Abstand an, Herr Fitzek?

Fitzek: Auch nachdem wir die Fernsehbilder noch einmal gesehen haben, muss man sagen: Diese Niederlage war unnötig, wir hatten es in der Hand, das Spiel zu gewinnen.

Abendblatt: Was fehlt dem HSV, um auch solche Spiele für sich zu entscheiden?

Fitzek: Kleinigkeiten. Man verliert hier mal einen Zweikampf, kassiert dort mal ein Tor, weil der Torwart nicht mitgespielt oder die Deckung nicht gut gestanden hat. Wir haben vorn ein paar freie Wurfchancen nicht genommen. Und von den Schiedsrichtern sind wir nicht gerade bevorteilt worden, die Verteilung der Zeitstrafen war schon eigenartig. Aber damit muss man leben.

Abendblatt: Gilt das auch für die teils überbordenden Emotionen?

Fitzek: Nein. Noch nie, seit ich im Handballgeschäft bin, bin ich so beleidigt und beschimpft worden wie in diesem Spiel. Es war teilweise obszön. Auch dass Ciudad Reals Trainer Talant Dujshebaev unseren Coach Martin Schwalb mit den Worten "Du Arschloch, ich hau dich gleich!" bedroht hat, war völlig unnötig, zumal sich die hitzige Atmosphäre gar nicht aufs Spielfeld übertragen hat.

Abendblatt: Sie haben binnen sieben Monaten viermal gegen Ciudad Real verloren, und auch der einzige Sieg im April 2008 reichte am Ende nicht fürs Finale. Hat der HSV einen Angstgegner?

Fitzek: Nein. Wir haben es uns ja selbst verdorben. Und wir haben gemerkt, dass wir die knacken können. Der Unterschied ist der: Die wissen, wie man große Titel gewinnt, egal welche Spieler reinkommen und ob der Etat gekürzt wurde. Wir haben nur eine Ahnung davon, erreicht haben wir es noch nicht.

Abendblatt: Am Mittwoch geht es für Sie zu Hause gegen Dormagen weiter. Wie schwer ist die Umstellung auf den Bundesliga-Alltag nach so einem Highlight?

Fitzek: Das Problem, dass wir für so ein Spiel dann nicht die richtige Einstellung finden, haben wir Gott sei Dank nicht mehr. Mit solchen Situationen gehen wir professionell um. Die Herausforderung liegt eher darin, dass wir nach zwei weiten Auswärtsfahrten nach Norwegen und Spanien und dazwischen dem Spiel in Berlin uns wieder zu Hause akklimatisieren.

Abendblatt: Den Gruppensieg kann der HSV abschreiben. Wie schwer wiegt das für die K.-o.-Runde der Champions League?

Fitzek: Der erste Platz wäre schon wichtig gewesen, um auch im Viertelfinale eine schwächere Mannschaft zu bekommen. Umso wichtiger ist, dass wir jetzt den zweiten Platz sichern, um im Achtelfinale das Rückspiel zu Haus zu haben.

Abendblatt: Im neu eingeführten Final Four in Köln könnte es dann zum Wiedersehen mit Ciudad Real kommen. Was muss sich bis dahin ändern, damit der HSV den Spieß einmal umdreht?

Fitzek: Gegen Mannschaften wie die oder Kiel musst du einfach die Big Points machen. Wer die 100-prozentigen Chancen vereitelt oder reinmacht, das entscheidet solche Spiele.

Abendblatt: Aber in den vergangenen beiden Jahren haben die Spanier stets dem HSV den Weg ins Finale verbaut. Was macht Sie zuversichtlich, dass es diesmal anders sein könnte?

Fitzek: Dass wir eine andere Mannschaft geworden sind. Ich glaube, die Spanier haben am Sonntag zum ersten Mal gemerkt, dass wir ihnen im Nacken sitzen. Ich bin überzeugt: Wir werden sie in diesem Jahr daran hindern, die Champions League zu gewinnen.

Johannes Bitter, Torsten Jansen und Stefan Schröder wurden von Bundestrainer Heiner Brand fürs Testspiel gegen Weißrussland am 1. Dezember in Münster nominiert. Gegen den gleichen Gegner feiert tags darauf Matthias Flohr in Hamm sein Debüt im Nationalteam. Kapitän Michael Kraus (Lemgo) pausiert wegen einer Kniegelenksentzündung.

Interview: A. Leoni

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