Der kroatische Kreisläufer war mit zehn Toren bester Schütze des HSV. Trifft er, siegen die Hamburger.

Kopenhagen. Sie klatschten sich ab, fielen sich in die Arme und bedankten sich bei ihren 200 mitgereisten Fans. Die Erleichterung war zu spüren, die die Handballer des HSV nach dem souveränen 34:27-(20:16)-Erfolg beim FC Kopenhagen empfanden. "Das war extrem wichtig", meinte Kapitän Guillaume Gille, "nach einer dummen Niederlage wie zuletzt am vergangenen Mittwoch in der Bundesliga in Göppingen weißt du nie genau, wo du stehst." Jetzt wissen es die Hamburger: Nach dem Sieg im ersten Auswärtsspiel der Champions-League-Vorrunde rangieren sie mit 6:2 Punkten hinter Titelverteidiger Ciudad Real (8:0) auf Platz zwei und haben alle Chancen, die Gruppenphase wie erhofft als Erster oder Zweiter abzuschließen. Das ist für die Auslosung des Achtelfinales im März 2010 von Bedeutung.

"Im Vergleich zur Partie gegen Göppingen haben wir diesmal viel konzentrierter gespielt", fand der leicht angeschlagene Guillaume Gille (Knieprellung), "exakt so wollen wir unseren HSV eigentlich immer sehen." Sein Bruder Bertrand, rekonvaleszent nach einem Teilabriss der Achillessehne, kritisierte als Cokommentator bei Eurosport jedoch die manchmal fehlende Aggressivität in der Abwehr und einige Leichtsinnsfehler im Angriff: "Zum Teil haben wir zu durchsichtig auf Igor Vori gespielt. Diese Varianten hatten die Dänen irgendwann durchschaut." In der Tat kam der dänische Vizemeister zu mehr schnellen Gegenstößen als der HSV (9-6), weil er in der Verteidigung wiederholt die an den Kreis gespielten Bälle abfing, den kroatischen Kreisläufer der Hamburger konnten die Kopenhagener dennoch nicht ausschalten. Der 2,03-Meter-Mann erzielte zehn Tore bei 13 Versuchen - eine starke Quote.

Wie abhängig der HSV in dieser Saison von Vori ist, scheint die Statistik zu belegen. Zwei Pflichtspiele verlor der deutsche Vizemeister bislang: beim 26:32 in der Champions League gegen Ciudad Real gelang dem kroatischen Neuzugang in der Color-Line-Arena erstmals kein Treffer, beim 35:36 in der Bundesliga in Göppingen traf er nur zweimal. Alles Vori, oder was? Nein!, sagt Sportchef Christian Fitzek: "Natürlich ist Igor ein wichtiger Faktor in unserem Spiel, jedoch nicht der alles entscheidende. Wenn er mal weniger trifft, bindet er meist gleich zwei Leute und schafft damit Lücken für unseren Rückraum. Die müssen dann nur konsequent genutzt werden."

In Kopenhagen geschah das vorbildlich. Pascal Hens hämmerte den Ball bei seinen ersten vier Distanzwürfen auch ins Netz und zeigte sich formverbessert. Nach seiner langen Verletzungspause bringt ihn jedes Spiel ein Stück alter Klasse zurück. Insgesamt warf er sieben Tore (bei zehn Versuchen).

Das Spiel beim aktuellen Tabellenvierten der dänischen Liga war im Rückblick schon nach 13 Minuten entschieden. Der HSV führte mit 9:4 und hatte alles fest in der Hand. Zwar kamen die Dänen später mehrmals auf zwei Tore heran (18:20 in der 33. Minute), verunsichern konnten sie die Hamburger allerdings nicht. Selbst dass Hans Lindberg in der zweiten Hälfte nach zuletzt 18 erfolgreichen Versuchen in Serie wieder einen Siebenmeter verwarf, der Ball sprang von der Unterkante der Torlatte ins Feld zurück, ließ keine Nervosität aufkommen. Im Gegenteil. "Wir wussten um die Stärke der Kopenhagener und haben die Konzentration über die gesamten 60 Minuten hochgehalten", sagte Linksaußen Torsten Jansen, "das war heute die richtige Antwort auf Göppingen."

Tore: FC Kopenhagen: Atlason 5, Atterhäll 5 (2 Siebenmeter), Boquist 4, Christensen 3, Rajkovic 3, Mamelund 2, Bagersted 2, Koren 1, Lindahl 1, Drange 1; HSV Hamburg: Vori 10, Hens 7, Duvnjak 5, Lindberg 5 (2), M. Lijewski 4, Jansen 1, Schröder 1, K. Lijewski 1. Schiedsrichter: Horacek/Novotny (Tschechien). Zuschauer: 1700. Zeitstrafen: 3; 2.