Der Plan: Zwölf Teams mit je zehn bis 20 Boxern sollen jährlich in einer Saison Einzel- und Teamweltmeister ermitteln.

Hamburg. Als der Taiwanese Ching-Kuo Wu im November 2006 den Pakistani Anwar Chowdhry als Präsident des Amateurbox-Weltverbands AIBA ablöste, hatte er sich vorgenommen, den unter undurchsichtigen Urteilen, korrupten Funktionären und chronischer Finanznot leidenden olympischen Faustkampf zu revolutionieren. Pünktlich zum Ablauf seiner ersten Amtszeit scheint Wu sein Ziel zu erreichen. Mit der World Series of Boxing (WSB) möchte die AIBA im November 2010 ein höchst ambitioniertes Projekt starten.

"Wir wollen den olympischen Boxern mit dieser Liga einen Weg aufzeigen, wie sie mit ihrem Sport Geld verdienen können, ohne durch einen Wechsel ins Profilager den Traum von Olympia aufgeben zu müssen", sagt Mirko Wolf (32). Der frühere Profi, 2003 deutscher Meister im Halbweltergewicht, ist am Hauptsitz der AIBA in Lausanne als Competition Manager damit befasst, die vier europäischen Standorte zu akquirieren.

Zwölf Teams mit je zehn bis 20 Boxern, deren Nationalität nicht auf den Standort der Equipe festgelegt ist, sollen jährlich in einer rund fünf Monate dauernden Saison Einzel- und Teamweltmeister ermitteln. Vier Mannschaften sind in Europa, je vier weitere in Nordamerika und Asien ansässig. Dort tragen sie mit doppeltem Hin- und Rückkampf zunächst eine kontinentale Hauptrunde aus. Die Gruppensieger und der beste Gruppenzweite kommen ins Halbfinale. Zusätzlich ermitteln die punktbesten Boxer der fünf ausgewählten Gewichtsklassen ihren Champion. Gekämpft wird unter Profibedingungen im 10:9-Wertungssystem, fünfmal drei Minuten, ohne Kopfschutz und ohne Shirt.

Der kommerzielle Anreiz für die Sportler, die Dreijahresverträge ohne die im Profibereich für Promoter übliche Ausstiegsklausel bei Niederlagen erhalten, ist immens. Neben einem festen monatlichen Grundgehalt, das sich an den vorangegangenen Erfolgen orientiert, erhalten sie pro Kampf eine für jeden identische Antritts- und Siegprämie. Finanziert werden soll dies durch die privaten Teameigner und die TV-Gelder, die der Sportrechte-Vermarkter IMG eintreiben will. IMG hat dem Weltverband TV-Übertragungen der Kämpfe in jedem teilnehmenden Land garantiert.

In Asien stehen China, Indien, Korea und Kasachstan, in Nordamerika drei Teams in den USA und eins in Kanada als Standorte fest. In Europa sind London und Moskau dabei, mit potenziellen Investoren in Frankreich, Italien, der Türkei und Deutschland wird verhandelt. "Natürlich hätten wir Deutschland als wichtigen Markt gern dabei", sagt Wolf.

Das Problem ist, dass die deutschen Olympiaboxer allesamt Vorverträge mit dem Hamburger Profistall Universum besitzen. Sollten sie trotzdem an der AIBA-Serie teilnehmen wollen, müssten sie im Ernstfall einen juristischen Streit in Kauf nehmen. "Wir wollen keinen Streit, wir wollen eine Alternative bieten", sagt Wolf, "bei uns können sich die Sportler alle zwei Wochen mit den Besten messen und müssen nicht, wie im Profilager, viele Aufbaukämpfe gegen Fallobst bestreiten." Dieses Argument scheint manchen Promoter tatsächlich zu überzeugen. "Ich sehe die AIBA-Serie positiv. Wer sich dort über drei Jahre durchsetzt, kommt als fertiger Boxer zu uns und kann schneller um einen Profititel kämpfen", sagt Kalle Sauerland vom Berliner Sauerland-Team. Bei Universum ist man ob der bestehenden Vereinbarungen mit den deutschen Talenten nicht im selben Maße begeistert. "Wir werden uns aber mit den AIBA-Vertretern zusammensetzen und erörtern, wie alle Seiten profitieren können", sagt Dietmar Poszwa, Mitglied der Universum-Geschäftsleitung.

Wie wichtig der AIBA ein deutsches Zugpferd ist, dokumentiert der Fall Jack Culcay-Keth (24). Der Weltergewichtler, der am 12. September in Mailand als erster Deutscher seit 14 Jahren Weltmeister wurde, könnte bei einem Autogramm auf einem WSB-Vertrag allein ein Handgeld von 60 000 US-Dollar kassieren. Dennoch tendiert Moritz Klatten, der in Hamburg ansässige Berater Culcays, zu einem Wechsel in den Universum-Stall. "Der langsame Aufbau bei den Profis liegt Jack besser. Wer alle zwei Wochen unter Profibedingungen gegen die Besten antreten muss, läuft Gefahr, sich vor dem Wechsel zu den Profis zu verheizen", sagt Klatten.

Am Rande der WM in Mailand verwehrte die AIBA den Abgesandten der Profiställe teilweise den Zugang zu Halle und Teamhotel, um ungestört ganze Landesverbände wie China oder Indien, die keine starke Profilobby haben, unter Vertrag zu nehmen. Mit derart restriktiver Politik soll nun jedoch Schluss sein. "Wir wollen mit Argumenten überzeugen, denn wir wollen die Sportler aufbauen und nicht brechen", sagt Wolf, "wer nicht an der WSB teilnehmen will, muss dies nicht tun."