Die Sportwelt schaut auf Lausanne. Noch nie in den 25 Jahren seines Bestehens stand der Internationale Sportgerichtshof CAS vor einer derart schweren Entscheidung wie im Fall der fünfmaligen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein (37).

Berlin. Es geht um die Glaubwürdigkeit des Sports, um die Chancen des Antidopingkampfes, um das künftige Leben einer Topathletin und nicht zuletzt um viele Millionen Euro.

Fast vier Monate nach dem Urteilsspruch des Eislauf-Weltverbandes ISU zur zweijährigen Sperre der Berlinerin wegen auffälliger Blutwerte fällen der Italiener Massimo Cocchia sowie die Schweizer Stephan Netzle und Michele Bernasconi eine richtungsweisende Entscheidung. Sie wird kommende Woche erwartet, die Verhandlung beginnt heute. Erstmals könnte eine Sportlerin, für die keine positive Dopingkontrolle vorliegt, allein aufgrund von Indizien gesperrt werden.

"Ich sehe das von der Weltantidoping-Agentur (Wada) sanktionierte Prinzip der indirekten Beweisführung durch diesen Fall jedoch nicht in Gefahr", sagte IOC-Vizepräsident Dr. Thomas Bach dem Abendblatt. "Wie immer vor Gericht wird es darauf ankommen, dass die Beweisführung stimmig ist. Es zählen die Argumente, die grundsätzliche Methode ist nicht strittig."

Einen Tag vor dem Prozess präsentierte Pechstein-Anwalt Simon Bergmann ein Hauptargument seiner Verteidigungsstrategie: "Wir haben dem CAS sechs medizinische Gutachten vorgelegt. Zwei von ihnen enthalten Befunde, die deutliche Hinweise auf eine natürliche Ursache der schwankenden Retikulozyten liefern." Retikulozyten sind die Vorläufer roter Blutkörperchen. Kommen sie unnatürlich häufig im Körper vor, wie bei Pechstein nachgewiesen, könnte Blutdoping zum Beispiel mit Epo die Ursache dafür sein. Das wird Pechstein vorgeworfen.

Für die höchstdekorierte Wintersportlerin Deutschlands steht im Chateau de Bethusy aber nicht nur ihr Ruf auf dem Spiel, sie stünde bei einer Bestätigung ihrer Sperre vor dem Nichts: Ihre Karriere wäre mit Schimpf und Schande zu Ende, sie würde ihren Beamtenjob bei der Bundespolizei verlieren und hätte 250 000 Euro Kosten zum Nachweis ihrer Unschuld in den Sand gesetzt. Daher lässt Pechstein nichts unversucht, dem Sportgericht nachzuweisen, wie schlampig angeblich die ISU handelte, indem diese gemäß dem ab 1. Januar gültigen Wada-Code als erster Verband eine Athletin aufgrund von Indizien sperrte.