Als er seinen überraschenden Rücktritt verkündete, kamen selbst dem hartgesottenen Hermann Maier die Tränen. “Ich habe mich entschieden, einen Schlussstrich zu ziehen“, sagte der 36-Jährige mit stockender und dann versagender Stimme.

Wien/München. Damit endete im Dachfoyer der Wiener Hofburg gestern abrupt eine der spektakulärsten Geschichten, die der alpine Ski-Zirkus in den letzten Jahrzehnten zu bieten hatte.

Aufgeschreckt wurde Österreich bereits morgens um 8.33 Uhr: Hermann Maier lud überraschend zu einer Pressekonferenz ein. Der "Herminator" wollte sprechen? Schnell machten Gerüchte vom Rücktritt die Runde, Hektik brach aus. Der ORF bewerkstelligte in Windeseile eine Live-Schaltung. Um 14.04 Uhr war es dann so weit.

Ursprünglich hatte Ski-Rennläufer Maier sogar weiterfahren wollen bis zur alpinen WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen, wo er vor zwölf Jahren sein erstes Rennen im Weltcup gewann. Daraus wird nun nichts, auch nicht aus Olympia 2010 in Vancouver. "Im Hinblick auf mein künftiges Leben war es mir von bedeutsamer Wichtigkeit, gesund zu sein", sagte Maier, bald 37, und ergänzte: "Die Entscheidung fällt mir schwer, ich trenne mich von meinem Traumberuf." In der vergangenen Woche hatte er in Sölden erstmals seit einer Knieoperation im März trainiert. Nur eine Woche später jetzt der Abschied. "Ich habe schon vor Jahren an einen Rücktritt gedacht, aber es machte zu viel Spaß. Aber jetzt ist der richtige Augenblick", sagte Maier.

Dem alpinen Ski-Rennsport geht zugleich einer seiner erfolgreichsten Vertreter und vor allem eine seiner schillerndsten Figuren verloren. Maier hat zweimal Olympia-Gold, dreimal WM-Gold, viermal den Gesamtweltcup und 54 Weltcup-Rennen gewonnen, doch vor allem hat er seinem Sport zu einer enormen Popularität weit über die Grenzen der Wintersport-Nation Österreich hinaus verholfen.

Es war abzusehen, dass er irgendwann auf seine Gesundheit würde achten müssen. Am 7. Dezember wird Maier 37 Jahre alt, doch das weit entscheidendere Datum ist der 24. August 2001: Maier will auf seinem Motorrad das Auto eines deutschen Rentners überholen, dieser jedoch biegt plötzlich ab. Nur knapp entging Maier damals einer Amputation des rechten Unterschenkels. Österreich bewegte in den Wochen danach nur eine Frage: Schafft es der "Herminator" bis Olympia 2002?

In Österreich nennen sie Maier auch den "Heiland", und in der Tat gelang ihm nach dem Unfall eine Wiederauferstehung, die gerade dann unglaublich erscheint, wenn man seinen Unterschenkel anschaut. Am 14. Januar 2003 kehrte der schier Unverwüstliche in den Weltcup zurück, 13 Tage später, bei einem auf Montag verschobenen Super-G, gewann Maier sein 42. Weltcup-Rennen in Kitzbühel. Die Berichterstattung darüber grenzte an Gotteslästerung.

Sein Körper, malade seit dem Unfall, versagte Maier immer häufiger den Dienst. Körperlich sei alles bestens, sagte Maier zum Abschied. Doch wer mal seinen rechten Unterschenkel gesehen hatte, fragte sich allen Ernstes, wie er damit überhaupt in einen Skischuh passte.