Die sportliche Krise beim Hamburger DEL-Klub erreicht einen neuen Höhepunkt. Der Geschäftsführer einigt sich mit dem Team-Eigner auf ein vorzeitiges Ende seines Vertrags.

Hamburg. Es war 18.18 Uhr am Dienstagabend, als bei den Hamburg Freezers offiziell eine Ära zu Ende ging. In einer wenige Sätze kurzen Pressemitteilung gab der Klub aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) die sofortige Trennung von Geschäftsführer Boris Capla (46) bekannt. In einem Krisengespräch am Nachmittag hatte Detlef Kornett (46), Europachef von Freezers-Eigner Anschutz Entertainment Group (AEG), Capla eröffnet, dass dessen zum Saisonende auslaufender Vertrag nicht verlängert werden würde. "Daraufhin", so heißt es in der Verlautbarung, "einigten sich beide Seiten, die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung auszusetzen." Kornett, der vor der Saison angekündigt hatte, sich verstärkt um das Geschehen in Hamburg kümmern zu wollen, übernimmt kommissarisch die Geschäftsführung und setzt AEG-Kommunikationschef Moritz Hillebrand als Generalbevollmächtigten ein. Eine Stellungnahme wollte niemand abgeben, dies soll heute um 13.30 Uhr auf einer Pressekonferenz passieren.

Mit ihrer Entscheidung reagierten die Verantwortlichen nicht nur auf die derzeitige Krise, die das Team nach sechs Niederlagen in Folge auf den vorletzten Tabellenplatz gestürzt hat. Vielmehr ist die Trennung die Konsequenz aus dem jahrelangen Misserfolg, den Capla durch konzeptloses Austauschen von Spielern, Trainern und Sportdirektoren maßgeblich mitverschuldet hatte. Innerhalb von sieben Spielzeiten wurde nur einmal das Halbfinale erreicht, fünf Trainer versuchten ihr Glück, diverse Leistungsträger verließen den Klub und wurden selten adäquat ersetzt. Zudem haftet dem Verein seit Jahren das Image eines gesichts- und seelenlosen Klubs an.

Trainer Paul Gardner, der mit seinem Funktionsteam gegen 17.45 Uhr von der Entscheidung erfuhr und sofort mit Capla telefonierte, zeigte sich tief getroffen von der Entwicklung. "Ich bin extrem überrascht und sehr enttäuscht, dass Boris seinen Job verloren hat. Er hat mich schließlich verpflichtet." Capla habe auf ihn allerdings erstaunlich gelöst und gut gelaunt gewirkt.

Die Mannschaft, die von Kornett in der Kabine der Volksbank-Arena in einer emotionalen Ansprache über Caplas Ende informiert wurde, zeigte sich ebenso überrascht. "Ich habe Herrn Capla viel zu verdanken. Ob diese Trennung gut oder schlecht ist, muss sich zeigen", sagte der derzeit verletzte Nationalstürmer Alexander Barta. Kapitän Clarke Wilm hofft, "dass es für die Freezers die Chance auf einen Neustart ist. Ich denke, jeder Spieler wird für den neuen Boss richtig Gas geben."

Wer der neue Boss sein wird, darüber dürfte in den kommenden Tagen rege spekuliert werden. Ein Kandidat könnte der vor dieser Saison in Nürnberg freigestellte Otto Sykora sein, der bereits als Nachfolger des in Hamburg nach der vergangenen Saison entmachteten Sportchefs Bob Leslie gehandelt worden war. Fest steht, dass Gardner in Doppelfunktion als Trainer und Sportchef fungieren wird, da weder Kornett noch Hillebrand sportliche Kompetenz vorweisen können. Während Trainer und Spieler sich - zumindest öffentlich - betroffen gaben, brach im Fanforum im Internet Freude aus. Die Anhänger, die in den Vorjahren mehrfach gegen Capla rebelliert hatten, erhoffen sich einen Ausweg aus der Abwärtsspirale. Der Mann, der diesen nun finden muss, heißt Detlef Kornett.