Am Freitag vergibt das IOC die Sommerspiele 2016. Vizepräsident Bach über die vier Kandidaten, die Vergabe der TV-Rechte und neue Sportarten...

Hamburg. Thomas Bach in Hamburg. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) eröffnete im Radisson-Hotel am Dammtor die dreitägige Bundestrainer-Konferenz in der Hansestadt mit einem Grundsatzreferat über den Leistungssport. Ende der Woche fliegt Bach nach Kopenhagen. In der dänischen Hauptstadt vergibt das IOC die Olympischen Sommerspiele 2016. Bewerber sind Chicago, Madrid, Rio de Janeiro und Tokio.

Abendblatt:

Herr Dr. Bach, US-Präsident Barack Obama wird in Kopenhagen für seine Heimatstadt Chicago werben. Das hat das Weiße Haus am Montag entschieden. Ist damit die Entscheidung über den Austragungsort für 2016 bereits gefallen?

Thomas Bach:

Der Auftritt Obamas stärkt sicherlich die Bewerbung Chicagos. Es ist das erste Mal, dass ein amerikanischer Präsident sich vor dem IOC zu den Olympischen Spielen bekennt und persönlich politische und finanzielle Staatsgarantien für die Durchführung der Spiele abgibt. Das wird positiv zur Kenntnis genommen werden. Aber auch die drei anderen Kandidaten treten mit den höchsten Repräsentanten ihrer Länder an. Für Madrid wirbt der spanische König, für Rio der brasilianische Staatspräsident und für Tokio der japanische Ministerpräsident. Wir haben vier starke Bewerber. Wer den Zuschlag erhält, ist völlig offen.

Abendblatt:

Wäre es nicht an der Zeit, erstmals Olympische Spiele nach Südamerika zu vergeben?

Bach:

Das IOC ist natürlich interessiert an einer technisch machbaren Kandidatur aus Afrika und Südamerika. Aber diese Entscheidung muss jedes IOC-Mitglied selbst treffen. Meine persönliche Einstellung ist, dass sich die Globalität der olympischen Bewegung auch ausdrücken sollte in der Organisation der Spiele. Und hier stelle ich fest, dass es noch zwei weiße Flecken gibt: Afrika und Südamerika.

Abendblatt:

Der Fußballweltverband Fifa war da schon mutiger. 2010 wird die Fußball-WM in Südafrika ausgetragen, 2014 in Brasilien.

Bach:

Beide Ereignisse können Sie nicht vergleichen. Eine Fußball-WM sind 64 Spiele mit rund 730 Spielern in vier Wochen verteilt über das gesamte Land. Olympische Spiele sind dagegen 28 Weltmeisterschaften in 17 Tagen mit 10 500 Aktiven in nur einer Stadt. Das ist eine ganz andere organisatorische Dimension.

Abendblatt:

Der Reiz, Olympische Spiele auszurichten, hat trotz eines Überangebots an attraktiven Großveranstaltungen nicht nachgelassen. Welchen Wert haben Olympische Spiele?

Bach:

Der Wert liegt in der Botschaft,

dass es gelingt, alle 205 Länder dieser Erde an einem Ort zu friedlichen sportlichen Wettkämpfen zusammenzubringen. Das ist die große Leistung der olympischen Bewegung. Der finanzielle Wert, auf den Sie anspielen, ist davon nur ein Abfallprodukt.

Abendblatt:

Wie viel sind die TV-Rechte 2014 und 2016 wert, die Sie gerade mit den Fernsehanstalten aushandeln? Das IOC soll sich allein 200 Millionen Euro aus dem Rechteverkauf für den deutschen Markt erhoffen.

Bach:

Die Fernsehrechte sind so viel wert, wie wir erzielen. Wir sind in Gesprächen, die noch nicht zu Verhandlungen herangereift sind. Die Frage wird sein, ob wir aufgrund unserer europaweiten Ausschreibung einen Abschluss vornehmen oder auf die nationalen Märkte gesondert zugeschnittene Verträge schließen. Dies können private Sender oder Agenturen sein. Voraussetzung bleibt, dass es 200 Stunden Olympia im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen gibt. Das müssen nicht zwangsläufig die öffentlich-rechtlichen Anstalten sein.

Abendblatt:

In Kopenhagen wird nicht nur über die Vergabe der Spiele 2016 entschieden, sondern auch über die Zulassung neuer Sportarten. Golf und Rugby sollen es werden. Verpasst das IOC damit nicht die Chance, über Trendsportarten neue und vor allem jüngere Zielgruppen anzusprechen?

Bach:

Die Gestaltung des olympischen Programms bleibt die Quadratur des Kreises. Sie können es nie allen recht machen. In der Tat sind wir im Sommer nicht so weit, wie es uns im Winter mit der Einbindung von Snowboard-Freestyle gelungen ist.

Abendblatt:

Inlineskating war für das IOC für 2016 keine Option?

Bach:

Leider sind uns nicht die attraktiven Disziplinen angeboten worden. Ich hätte mir einen tollen Skateboard-Wettbewerb schon vorstellen können. Der internationale Verband hatte es dagegen vorgezogen, sich auf Inlineskating zu konzentrieren - und das auch noch in der Halle. Das entspricht eben nicht den von Ihnen zu Recht formulierten Anforderungen an eine jugendliche Zielgruppe. Ich habe deswegen zweimal mit dem Verband gesprochen, das Ergebnis war aber so, wie es war.