Falsches Personal, mangelhafte Einstellung und eine Geschäftsführung ohne Konzept führten zum erneuten Misserfolg.

Hamburg. Der graue Himmel über der Volksbank-Arena spiegelte gestern die Stimmung in der Trainingshalle der Hamburg Freezers perfekt wider. Nach sechs Niederlagen in Folge und dem Absturz auf den vorletzten Tabellenplatz in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) steckt der Verein bereits nach acht Saisonspielen in einer tiefen Krise. "Es ist bezeichnend, dass wir unseren einzigen Sieg nach 60 Minuten gegen Straubing geholt haben - die Mannschaft, die in der Tabelle als einzige hinter uns steht", sagt Geschäftsführer Boris Capla.

Wieder einmal sollte in dieser Spielzeit alles anders und vor allem besser werden. Die Realität im Herbst 2009: Wie in den Vorjahren wird über mangelhafte Einstellung einiger Profis und fehlende Qualität der Neuzugänge diskutiert. Das Abendblatt hat drei Problemzonen ausgemacht.

Einkaufspolitik: Zehn neue Spieler verpflichteten die Freezers vor und während dieser Saison. Dabei wurde erneut auf Masse statt Klasse gesetzt. Einzig Stürmer Jason King, derzeit mit fünf Toren und vier Vorlagen Topscorer, sowie die Abwehrspieler Peter Ratchuk und Alexander Dotzler überzeugten bislang. Die Defensivspieler Mathieu Biron und Martin Walter fallen immerhin nicht negativ auf. Spielmacher Matias Loppi, der mit großen Vorschusslorbeeren nach Hamburg kam, enttäuscht bislang komplett. Der Finne deutete sein Potenzial nicht einmal ansatzweise an und hat Probleme, sich körperlich durchzusetzen. Landsmann Kimmo Kuhta, der gestern erstmals das volle Trainingsprogramm mitmachen konnte, war verletzt verpflichtet worden (Schambeinbruch) und wird noch Wochen brauchen, um seine Topform zu erreichen. Maximilian Brandl, Martin Fous und Michal Schön zeigen zu selten ihr Talent, um die Etablierten unter Druck zu setzen. Fakt ist: Der Kader ist qualitativ nicht besser als der des Vorjahres.

Einstellung: "Es liegt nicht an der Qualität der einzelnen Spieler, sondern am Willen. So etwas geht gar nicht", sagte ein Spieler dem Abendblatt gestern - und bestätigte damit das Hauptproblem des Teams. Zu viele ausländische Profis, die als Leistungsträger geholt wurden, laufen mit einer "Mir egal"-Einstellung auf. Wenn es nicht läuft, ergeben sie sich ihrem Schicksal, anstatt zu kämpfen. Außer Clarke Wilm und dem derzeit am Knie verletzten Alexander Barta gibt es keine Führungsspieler, die den Mund aufmachen. "Auch andere sagen etwas. Aber es ist fragwürdig, wenn jemand den Mund aufmacht, ohne Leistung zu zeigen", erklärt ein Profi vielsagend. Bitter für Trainer Paul Gardner: Öffentlich betonen die Spieler, wie gerne sie mit dem Kanadier zusammenarbeiten - auf dem Eis aber lassen sie ihn mit Minusleistungen im Stich. Dieser Söldner-Mentalität fielen bereits Dave King, Mike Schmidt und Bill Stewart zum Opfer, die vor Gardner entlassen wurden.

Geschäftsführung: Seit Jahren versuchen die Hamburger, in die Top sechs der DEL vorzustoßen. Ein schlüssiges Konzept, um das zu erreichen, existiert bis heute nicht. Es werden regelmäßig Spieler, Sportdirektoren und Trainer ausgetauscht, Kontinuität auf Schlüsselpositionen sucht man vergeblich. Die einzige Konstante in der siebenjährigen Freezers-Geschichte ist Geschäftsführer Capla, der seit dieser Saison nach dem Abgang von Sportchef Bob Leslie auch offiziell wieder das Sagen im sportlichen Bereich und somit maßgeblichen Anteil an der Zusammenstellung des Kaders hat. Gegenüber dem Abendblatt bestätigten potenzielle Neuzugänge, dass Gardner sie wollte, Capla aber nicht. Welch unterkühltes Betriebsklima bei den "Eisschränken" herrscht, zeigt die Tatsache, dass niemals offen, dafür aber umso mehr hinter vorgehaltener Hand gelästert wird. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, was ein ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter zur Situation in Hamburg beizutragen hat. "Solange Capla im sportlichen Bereich seine Finger im Spiel hat, werden es die Freezers nie hinbekommen." Die Meinung hat er nicht exklusiv.