Der Red-Bull-Pilot überschritt das Tempolimit in der Boxengasse und fiel nach einer Durchfahrtsstrafe auf Platz vier zurück.

Singapur. Für Temposünder Sebastian Vettel sind nach einem schweren Patzer in der Nacht von Singapur die Lichter im Formel-1-Titelrennen ausgegangen. Der Red-Bull-Pilot überschritt bei seinem zweiten Boxenstopp das Geschwindigkeitslimit um 1,4 km/h und verschenkte wegen der Durchfahrtsstrafe den zweiten Platz hinter Sieger Lewis Hamilton. "Meiner Meinung nach war ich bei Ein- oder Ausfahrt nicht zu schnell. Man drückt den Knopf, und dann steigt man wieder aufs Gas", rechtfertigte sich Vettel. "Ob es an der Elektronik lag oder an mir, weiß ich nicht." Nach Rang vier kann der 22-Jährige den direkt hinter ihm die Ziellinie überquerenden WM-Spitzenreiter Jenson Button bei 25 Punkten Rückstand kaum noch einholen.

Strahlender Sieger der von 1500 Scheinwerfern erhellten Nachtschicht war Weltmeister Hamilton. "Es war ein unglaubliches Wochenende für mich", sagte der McLaren-Mercedes-Mann zu seinem zweiten Saisonerfolg. Der von seiner Freundin, Pussy-Cat-Dolls-Sängerin Nicole Scherzinger, begleitete Brite hatte auch Besuch von Pop-Sirene Beyoncé.

Timo Glock sorgte beim 14. Saisonlauf als Zweiter vor Vorjahressieger Fernando Alonso für den einzigen Lichtblick aus deutscher Sicht. "Das war ein Podiumsplatz zur rechten Zeit", sagte der um ein Cockpit für 2010 kämpfende Toyota-Pilot. Nico Rosberg hatte im Williams-Toyota im Übereifer regelwidrig eine weiße Linie überfahren und wie Vettel den Platz auf dem Treppchen weggeschmissen. BMW-Sauber-Pilot Nick Heidfeld schied nach einem von Adrian Sutil verschuldeten Unfall aus.

Großer Gewinner neben Hamilton und Glock auf dem mit 3000 Lux beleuchteten Marina Bay Street Circuit war WM-Favorit Button. Der nur von Position elf gestartete BrawnGP-Pilot profitierte bei seiner Aufholjagd von einer Safety-Car-Phase. "Wir gehen jetzt volles Risiko", kündigte Vettel für den Großen Preis von Japan in einer Woche in Suzuka trotzig an.

"Ein klasse Rennen von Lewis und unserem Team und sein zweiter Sieg in den letzten fünf Rennen - es geht voran", lobte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug seinen Chefpiloten, "auch Timo Glock hat einen super Job gemacht - Glückwunsch an ihn, das war spitze." Glock lag nach 61 Runden 9,634 Sekunden zurück. Der 27-Jährige stellte seine bisher beste Platzierung ein: 2008 hatte der Toyota-Fahrer in Ungarn ebenfalls Rang zwei belegt. In dieser Saison glückte ihm beim Abbruch-Grand-Prix in Malaysia als Dritter ein Podestplatz. Glock dürfte durch seinen Coup seine Chancen auf ein Cockpit für die kommende Saison stark verbessert haben. "Ein sehr gutes Rennen für mich. Hier kann der Fahrer einiges bewirken", betrieb er Eigenreklame.

Vettel bezeichnete seinen vierten Platz "leider als das Maximum nach der Durchfahrtsstrafe". Er habe "unheimliche Probleme" mit den Bremsen gehabt. Ein abgebrochener Rückspiegel, ein unnötiger Ritt über die Randsteine und Schwierigkeiten mit dem Diffusor vervollständigten die Negativliste. Eigentlich hatte Vettel schon beim Start seine Chance auf den Sieg verspielt: Er ließ sich trotz eines leichteren Autos wegen weniger Benzin an Bord im deutsch-deutschen Duell von Rosberg düpieren und fiel auf den dritten Platz zurück. Der von Position sechs auf Rang vier vorgestoßene Glock komplettierte das deutsche Verfolgertrio auf Hamilton. Der entthronte Titelverteidiger verteidigte nach der Poleposition trotz zwischenzeitlicher Probleme mit dem Hybrid-System Kers die Führung. Allerdings ließ der wie entfesselt fahrende Rosberg den Briten nicht entscheidend davonziehen und hielt Vettel hinter sich. Rosberg kostete schließlich eine Unachtsamkeit nach dem Reifenwechsel einen greifbar nahen Podestplatz: Der 24-Jährige überfuhr regelwidrig die weiße Linie ausgangs der Boxengasse, was die Rennkommissare mit einer Durchfahrtsstrafe bestraften. Dadurch büßte der Wiesbadener zwölf Plätze ein. Am Ende wurde er enttäuschender Elfter. Zweiter echter "Aufreger" mit deutscher Beteiligung dann im 21. Umlauf: Sutil drehte sich nach einem übermütigen Angriff auf Jaime Alguersuari und torpedierte den anbrausenden Heidfeld. Danach rückte das Safetycar auf die Strecke. "Ich musste es probieren. Er war so unglaublich langsam", rechtfertigte Sutil seine Attacke.

In der 25. Runde musste der Gräfelfinger seinen Force India abstellen. Heidfeld schimpfte: "Das war von Adrian total bescheuert!" Ironischerweise passierte der Unfall in der 14. Kurve. An dieser Stelle hatte im Vorjahr Nelson Piquet jr. auf Anweisung absichtlich seinen Renault in die Mauer prallen lassen und seinem Teamkollegen Alonso zum Sieg verholfen. Der "Singapur-Skandal" führte zur lebenslangen Sperre für Teamchef Flavio Briatore und einer Bewährungsstrafe für den französischen Rennstall.