Wer dabei war im Januar 2005, der wird dieses Bild nicht vergessen. Guzmyr Perdomo saß in der letzten Sitzreihe des Busses, der ihn nach getaner Arbeit aus der Kugelbake-Halle in Cuxhaven nach Hamburg zurückbringen sollte, und sein Kopf ragte aus einer überdimensionierten Daunenjacke heraus.

Hamburg. Mit dieser Jacke, die den Körperumfang des sehnigen Südamerikaners locker verdoppelte, wirkte Perdomo so, als hätte man einem wilden Löwen Zöpfe in die Mähne geflochten. Die Lacher hatte der neue Mann im Hamburger Spotlight-Stall auf seiner Seite.

Viereinhalb Jahre später ist es der venezolanische Supermittelgewichts-Boxprofi, der lachen kann. Beharrlich hat der 33-Jährige dem ungewohnten Klima getrotzt, sich durch die Niederungen des Vorprogramms gekämpft - und wird für seine Mühen nun an diesem Sonnabend belohnt. Im dänischen Herning darf er den amtierenden WBA-Weltmeister und Lokalmatadoren Mikkel Kessler (30) herausfordern. Es ist im 18. Profikampf seine erste Titelchance - und wahrscheinlich auch die letzte Möglichkeit, seiner Karriere die Krone aufzusetzen.

Mit der Rolle des Außenseiters kann Perdomo gut leben. "Mich motiviert das noch mehr. Der Druck liegt bei Kessler", sagt er. Seit Jahresbeginn trainiert der gelernte Konditor, der für die Kampfvorbereitung Ehefrau Yaneslis und Sohn Jozmir (2) in seiner Heimatstadt La Guaida zurücklässt, nach Hamburg einfliegt und eine Wohnung nahe des Trainingsgyms in der Walddörferstraße bezieht, mit Michael Timm. Dieser hat versucht, ihn an den europäischen Stil - vor allem gute Beinarbeit - zu gewöhnen, ohne ihm das Südamerikanische - mit dem Kopf durch die Wand - abzugewöhnen. "Ich habe mir aus beiden Stilrichtungen das abgeschaut, was mir am besten liegt", sagt Perdomo. Timm ist sich sicher, dass "Guzmyr für eine Überraschung gut ist, denn die Schlagkraft, um durch K. o. zu gewinnen, hat er."