Der 23-Jährige Jamaikaner verbesserte wie über die 100 Meter seine Bestzeit um elf Hundertstelsekunden.

Berlin. Nach dem Zieleinlauf ging er in die Knie. Er schaute leicht ungläubig in den Himmel. Usain Bolt staunte einmal mehr über sich selbst. Er ist wieder Weltmeister, er lief wieder Weltrekord, das 200-Meter-Finale der Leichtathletik-Weltmeisterschaften gewann er trotz leichten Gegenwindes von 0,3 Metern pro Sekunde in 19,19 Sekunden. Seine eigene Bestzeit von den Olympischen Spielen 2008 in Peking verbesserte er damit noch einmal um elf Hundertstel - wie am vergangenen Sonntag seine 100-Meter-Marke. Außerdem hatte zuvor nie jemand in der WM-Geschichte über diese Distanz einen derart großen Vorsprung herausgelaufen. Alonso Edward aus Panama (19,81) und Wallace Spearmon aus den USA (19,85) wirkten hinter Bolt nicht wie die beiden weiteren Medaillengewinner, sondern eher wie Statisten.

"Man muss aus jedem Lauf das Beste machen. Das versuche ich in jedem Rennen. Das ist mein Auftrag", sagte Bolt bescheiden. "Hier in Berlin ist es großartig. Das ist eine Super-Atmosphäre." Aus seiner Sicht war das Finale perfekt terminiert. Bolt konnte danach nicht nur auf seinen zweiten Titel und seinen zweiten Weltrekord bei dieser WM anstoßen, sondern auch gleich in seinen Geburtstag hineinfeiern. Der Ausnahmesprinter aus Jamaika wird am heutigen Freitag 23 Jahre alt. Eine ausschweifende Party hat er aber "nicht geplant", wie er sagte: "Ich will den Tag für mich haben und muss ja außerdem schon am Sonnabend wieder in der 4x100-Meter-Staffel laufen." Mit der kann Bolt in Berlin seine dritte Goldmedaille gewinnen - wie im vergangenen Jahr bei Olympia.

Aber schon jetzt ist diese WM für ihn eine Woche der Superlative. Nach den drei US-Amerikanern Maurice Greene (1995), Justin Gatlin (2001) und Tyson Gay (2007) ist er der vierte Sprinter, der bei einer Weltmeisterschaft über 100 und 200 Meter gewann. Mit diesen beiden Titeln und zwei Weltrekorden hat er bereits 320 000 US-Dollar (rund 225 000 Euro) an Prämien vom Weltverband IAAF sicher. Außerdem holte er gestern Abend das vierte Sprint-Gold für Jamaika bei dieser WM. Die Karibikinsel hat den großen Nachbarn im Norden, die USA, in diesem Bereich momentan abgehängt.

Bolts neuerliche Dominanz überraschte niemanden mehr. Auch weil Titelverteidiger Tyson Gay (USA) verletzt fehlte, hatten die 60 000 Zuschauer vorab nur noch darüber diskutiert, ob der Jamaikaner erneut Weltrekord laufen würde oder nicht. Bolt selbst hatte im Vorfeld nicht daran geglaubt. Dabei läuft er die 200 Meter nach eigenen Angaben lieber als den Kurzsprint. "Nach der klassischen Lehre betrachtet ist er über diese Strecke noch stärker als über 100 Meter", erklärte der deutsche Lauf-Bundestrainer Rüdiger Harksen das Phänomen. "Mit seinen langen Beinen kann er aus der Kurve heraus noch einmal richtig beschleunigen." Der ehemalige Weltmeister Frankie Fredericks (Namibia) traut Bolt sogar zu, die 200 Meter in weniger als 19 Sekunden zu laufen.

In Berlin ist in den vergangenen Tagen ein regelrechter Bolt-Hype ausgebrochen. Die Stadt überlegt sogar, den Superstar ihrer WM nach den Titelkämpfen in einer besonderen Art zu ehren. "Es gibt die Idee, das zu machen", bestätigte Senatssprecher Richard Meng. Die Zuschauer tun das bereits auf ihre Weise: Sie feiern Bolt, wann immer er auf der Laufbahn oder der Anzeigetafel zu sehen ist. Besonders beliebt im Stadion ist ein gelber Fanartikel seines Ausrüsters: Der zeigt Bolts Arme bei seiner typischen Jubelgeste. Längst gilt er auch als Scherz-Bolt. Den "Bogenschützen", seine Lieblingspose, gab er auch nach seinem zweiten WM-Triumph, im Duett mit WM-Maskottchen Berlino.