Um 15.18 Uhr brodelte der Waseberg in Blankenese. Die beiden Ausreißer, ein Spanier und ein Ukrainer, kämpften sich von der Elbe zum Ortskern hoch, erst drei Minuten später kam das Feld. Hochstimmung unter Hamburgs Radsportfans, Jubel, Rasseln, Anfeuerungsrufe.

Hier wird traditionell die Bergwertung der Cyclassics abgenommen, viermal mussten die Pedaleure gestern den Berg hoch. Spaßig war das nicht, die schmerzverzerrten Gesichter sprachen Bände.

Wenn der Radsport in die Stadt rollt, bleiben die Hamburger nicht zu Hause. 800 000 waren bei den Rennen der Jedermänner und der Profis an der Strecke. Schwerstarbeit für das Technische Hilfswerk und die Polizei, die vom frühen Morgen bis zum späten Nachmittag die Straßen sichern mussten. Das Fahrrad hat Vorfahrt, "und wir können Autos und Fußgänger immer nur dann durchwinken, wenn das Teilnehmerfeld eine Lücke lässt", erklärte Polizist Mark Meyer, der an der Ludwig-Erhard-Straße/Ecke Holstenwall Dienst tat. Bei 22 000 Hobbyradlern bedeutete das: ständiger Wechsel des Verkehrsflusses. "Dienst ist Dienst", seufzten die Beamten.

Und Ziel ist Ziel, geschafft ist geschafft - obwohl die Jedermänner Nicolas Kimmich (31), Sebastian Pesch (35) und Martin Salchow (38) mit ihren Zeiten nicht zufrieden waren. Das Bier schmeckte trotzdem, aber 2:40 Stunden für die 100 Kilometer - das waren zehn Minuten mehr als in den Vorjahren. "Das ist genug Motivation, nächstes Jahr wieder an den Start zu gehen", sagte der Wandsbeker Kimmich.

Michael Schneider (51) und seine Tochter Sarina (22) fuhren zusammen die 55-Kilometer-Distanz. Besonders schön fanden die Eidelstedter den Start auf der Kennedybrücke, "da haben wir richtig Gänsehaut bekommen".

Gänsehaut hatten Lilli Demgenski und Anna Reimer, zwei reife Damen aus Poppenbüttel und Langenhorn, eher nicht. Sie standen an der Elbchaussee, Höhe Teufelsbrück. Heiß war's, aber wenigstens ein wenig windig.

Frau Demgenski wollte unbedingt ihren Schwiegersohn anfeuern, "aber den erkenne ich eh nicht, so schnell wie die hier durch sind". Also spornte sie lautstark einfach jeden an, der vorbeihetzte. Wesentlich entspannter ließ der kleine Paul (9) die große Rad-Sause angehen. Nämlich sitzend in einem Klappstuhl auf der Elbchaussee, mit einem dicken Stück Zwetschgenkuchen auf dem Teller. Der Knabe weiß zu leben und lässt die anderen einfach strampeln, sehr vernünftig.