Lance Armstrong schüttelt ungläubig den Kopf, der ehemalige Toursieger Greg LeMond findet die Leistung unerklärlich: Alberto Contadors Dominanz bei der Tour de France ruft die Zweifler auf den Plan, Dopinggerüchte werden laut.

Aubenas. Für die Wissenschaft ist der 26 Jahre alte Spanier ein kleines Wunder, für viele Experten aber schlicht ein Betrüger. LeMonds Zweifel beziehen sich auf die erste Alpenetappe nach Verbier, auf der Contador das Gelbe Trikot eroberte. Dabei stellte der Astana-Profi mit fast 1900 Metern einen Rekord für Höhenmeter pro Stunde auf.

Dazu fiel auch Rekordsieger Armstrong, der ebenfalls unter chronischem Dopingverdacht steht, wenig ein: "Zu meinen besten Zeiten habe ich über 1700 geschafft. Aber Alberto schafft über 1800." Der US-Amerikaner LeMond fragte, wie die Leistung zu erklären sei, und zog eine Analyse des anerkannten Leistungsdiagnostikers Antoine Vayer heran. Der Franzose meinte, dass Contador für eine solche Leistung einen VO2max-Wert - misst die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit des Blutes - von 99,5 ml/mn/kg haben müsste.

"Meines Wissens ist das ein Wert, der zuvor niemals von irgendeinem Athleten in irgendeiner Sportart erreicht wurde. Das ist fast so, als ob ein Mercedes aus dem Autohaus an einem Formel-1-Rennen teilnehmen und gewinnen würde", sagte LeMond. Für den Kölner Dopinganalytiker Prof. Wilhelm Schänzer klingt der Wert ebenfalls verblüffend: "Ich weiß, dass bei Spitzensportlern Werte zwischen 70 und 80 gemessen werden, in Ausnahmefällen auch über 90. Der Wert von Contador klingt gewaltig." Der Biochemiker schränkt aber ein: "Man kann nicht so weit gehen und sagen, dass das nur durch Doping zu erreichen ist." Die Berechnung sei lediglich ein Modell.

LeMond forderte Contador zu physiologischen Tests auf, die seinen VO2max bestimmen sollen. "So kann er beweisen, dass er körperlich zu einer solchen Heldenleistung fähig ist, ohne auf unerlaubte Mittel zurückgreifen zu müssen." Er wolle den Spanier nicht verurteilen, weil er die genauen Wetterbedingungen am Anstieg nicht kenne. Aber wie Contador der schnellste Bergfahrer der Geschichte wurde, würde er schon gern erklärt bekommen.

Vom Tour-Spitzenreiter wird LeMond wohl keine Antworten erhalten. Der erzählt stolz, dass er das Zeitfahren viel trainiert habe und so den ausgewiesenen Spezialisten Fabian Cancellara (Schweiz) bezwingen konnte.

Der Brite Mark Cavendish gewann am Freitag die 19. Etappe. Es war sein fünfter Sieg auf der diesjährigen Tour. Er stellte damit Armstrongs Rekord ein.