Der Olympiasieger im Interview über Profitmaximierung, Nelson Mandela, Rettungsschwimmer und die neue Weltmeisterschaftsserie.

Abendblatt:

Herr Frodeno, wie oft müssen Sie knapp ein Jahr nach Ihrem Triumph noch Ihre Goldmedaille vorzeigen?

Frodeno:

Ich habe eigentlich beschlossen, dass ich sie gar nicht mehr vorzeige. Sie ist natürlich ein Gegenstand von öffentlichem Interesse, aber auf der anderen Seite auch etwas sehr Privates, die Verkörperung meines Traums. Deshalb liegt sie versteckt bei mir zu Hause.

Abendblatt:

Ist es das gleiche Versteck, in dem Sie auch die Millionen lagern, die Ihnen Ihr Ruhm einbringt?

Frodeno:

Das wäre schön, aber da ist noch viel Platz in dem Versteck, Millionen sind da nämlich bisher nicht drin. Ich bin aber zufrieden damit, wie es läuft.

Abendblatt:

Es gibt Manager, die sagen, man müsse in den ersten Monaten nach einem Triumph wie dem Olympiasieg mitnehmen, was man kriegen kann. Haben Sie Ihr Leben zuletzt auch auf Profitmaximierung ausgelegt?

Frodeno:

Ganz und gar nicht, ich wollte eher meiner Linie treu bleiben. Ich habe meinen Preis, wenn ich irgendwo auftrete und es um etwas Kommerzielles geht. Für einen guten Zweck mache ich natürlich auch Dinge gratis. Der Erfolg hat mir viele Türen geöffnet. Zur Nacht der Legenden in Hamburg wäre ich beispielsweise früher sicher nicht eingeladen worden. Das gibt mir viel mehr als ein minimal höherer Profit.

Abendblatt:

Es gab nach dem Erfolg viele Menschen, die Sie einspannen wollten. Gab es Situationen, in denen Sie gesagt haben: Das mache ich auf keinen Fall?

Frodeno:

Häufig. Ich versuche nur Sachen zu machen, hinter denen ich wirklich stehe. Das beste Beispiel ist für mich die Bundeswehr. Ich bin vor einigen Jahren aus Prinzip nicht in die Sportfördergruppe rein, so sehr es mir geholfen hätte und sie eine gute Einrichtung sein mag. Jetzt mache ich natürlich auch keine Werbung für einen Rüstungskonzern.

Abendblatt:

Engagiert haben Sie sich dagegen bei der Bundespräsidentenwahl, Sie traten im Mai als Wahlmann der CDU in der Bundesversammlung auf.

Frodeno:

Es war für mich eine Ehre, da gefragt zu werden. Ohne dass ich mich jetzt groß in der Politik einbringen will, war das für mich ein Thema von großem Interesse und ein Erlebnis dazu.

Abendblatt:

Sind Sie eigentlich jemand, der sich hin und wieder selbst googelt?

Jan Frodeno:

Nein, eigentlich nicht. Warum?

Abendblatt:

Weil der Internetgigant bei Ihnen interessante Suchhilfen anbietet. Ganz oben taucht da nicht Olympiasieger, sondern Freundin und schwul auf. Wie passt das denn zusammen?

Frodeno:

Das kann ich mir nur damit erklären, dass ich mein Privatleben weitgehend aus der Öffentlichkeit raushalte und damit vielleicht Raum für Spekulationen lasse.

Abendblatt:

Dem könnten Sie an dieser Stelle entgegenwirken.

Frodeno:

Es ist so, dass ich mich vor einiger Zeit von meiner Freundin getrennt habe. Jetzt will ich mich erst mal ausschließlich auf den Sport konzentrieren.

Abendblatt:

In den ersten Monaten nach Olympia war das Training für Sie zweitrangig. Ist das der Grund, warum es aktuell noch nicht wirklich rund läuft?

Frodeno:

Die Feierphase war vielleicht etwas heftig, vor allem die Kopfschmerzen bis drei Uhr nachmittags. Ich bin schon ein Lebemensch, der gerne gut isst und Party macht. Auf der anderen Seite kann ich mich auch sehr gut kasteien. Es war ein langsames Herantasten an die Form.

Abendblatt:

War es nach der Erfüllung Ihres Traums nicht schwierig, ein neues Ziel zu finden?

Frodeno:

Ich habe die Ziellosigkeit schon ein wenig gespürt und eine Zeit lang nicht gewusst, für was ich mich eigentlich 45 Trainingsstunden pro Woche quälen soll. Mittlerweile hat sich das wieder geändert. Ich habe einfach Gefallen am Gewinnen gefunden und würde dies gern möglichst bald wieder auf großer Bühne tun.

Abendblatt:

Inwieweit hat Ihnen auch die Einführung der neuen, lukrativen und an die Formel 1 erinnernden Weltmeisterschaftsserie mit acht Stationen - darunter die fünfte an diesem Wochenende in Hamburg - geholfen?

Frodeno:

Die WM-Serie ist in der Tat eine neue Dimension. Ein spannendes Projekt, das man im Endeffekt Hamburg zu verdanken hat. Ohne die Begeisterung bei den Weltcuprennen der vergangenen Jahre wäre es nie dazu gekommen. Hier wurde ein Produkt mit viel Herzblut kreiert, das dem Triathlon eine Chance eröffnet hat.

Abendblatt:

Sie haben einmal gesagt, dass sie vom Kurs in der Hamburger Innenstadt jede Kurve kennen. Reizt Sie das Rennen überhaupt noch?

Frodeno:

Die Strecke ist perfekt, zuschauernah. Durch den Hexenkessel am Rathaus zu laufen, ist einfach sensationell. Daran werde ich nie satt werden, und wenn ich hier endlich einmal gewonnen habe - und das will ich unbedingt - erst recht nicht.

Abendblatt:

Vorbereitet haben Sie sich in diesem Jahr unter anderem in Südafrika, dem Land, in dem Sie, als gebürtiger Kölner, aufgewachsen sind.

Frodeno:

Das war das schönste Trainingslager, das ich bislang erlebt habe. Die Truppe war super, das Wetter hat gestimmt, die Atmosphäre auch. Südafrika ist einfach mein zweites Zuhause.

Abendblatt:

Wenn man Sie nach besonderen Persönlichkeiten fragt, geben Sie den ehemaligen Staatspräsidenten Nelson Mandela an. Warum?

Frodeno:

Egal, was er früher vielleicht mal getan hat, er hat es geschafft, Menschen und krasseste Gegensätze zu vereinen. Seine Ausstrahlung und seine ganze Person beeindrucken mich.

Abendblatt:

Als Kind wollten Sie lieber Schauspieler David Hasselhoff sein, später eiferten Sie Surfstar Kelly Slater nach. Sind Sie ein Baywatch-Freak?

Frodeno:

Pamela Anderson würde ich schon gerne mal im Arm halten (lacht). Das mit Hasselhoff war auch ein Scherz, aber Wellenreiten ist tatsächlich meine zweite Leidenschaft. Rettungsschwimmer war ich in Südafrika auch mal, leider hatten wir nie die Jetskis oder die coolen Boote, mit denen die in der Fernsehserie herumheizen. Im Trainingslager habe ich übrigens kürzlich auch mal wieder jemanden aus dem Wasser geholt, der von der Strömung rausgezogen wurde.

Abendblatt:

2010 steht mit der Fußball-WM für Südafrika ein großes Ereignis an. Werden Sie dort dabei sein?

Frodeno:

Das fällt natürlich mitten in unseren Wettkampfsommer, andererseits bin ich in letzter Zeit zum echten Fußballfan geworden. Interessieren würde mich das also schon. Für das Land ist es eine Riesenchance, sich zu profilieren. Jeder erwartet, dass irgendetwas schiefgeht. Deshalb glaube ich, dass Südafrika nur gewinnen kann und hoffe, dass sie diese Chance auch nutzen.

Abendblatt:

Sie haben Ihre genutzt, halten mittlerweile sogar Vorträge, in denen Sie davon berichten, was mit dem richtigen Willen alles erreichbar ist. Hätten Sie sich vorstellen können, dass Ihr Wort mal so viel Gewicht hat?

Frodeno:

Es ist schon erstaunlich, wie sehr die eigene Meinung plötzlich als Wahrheit gilt. Das bringt auch eine gewisse Verantwortung mit sich. Auf der anderen Seite gibt es einfach sehr viele Parallelen zwischen Sport, Geschäftsleben und Privatem, und warum sollte ich da meine Erfahrungen nicht weitergeben?

Abendblatt:

Haben Sie zum Schluss noch einen Tipp für die über 8000 Jedermänner, die in Hamburg an den Start gehen werden?

Frodeno:

Sie sollten möglichst ihr Ding durchziehen, keine Tempowechsel einlegen. Am Ende zahlt sich die konstante Geschwindigkeit mit einer schnellen Zeit aus.