Die Zeiten sind unsicher in diesen Monaten, da die Welt unter der Wirtschaftskrise stöhnt. Auch vor dem Profiboxen hat die Talfahrt nicht Halt gemacht. Promoter kämpfen um ihre Fernsehverträge, Sportler um den Erhalt ihrer Börsen.

Hamburg. Wer sich in diesen Tagen jedoch zu einem Gespräch mit Alexander Dimitrenko trifft, der spürt, dass es Menschen wie den 26 Jahre alten Ukrainer aus dem Hamburger Universum-Stall braucht, um Wege aus Krisen zu finden.

Der 2,01 m große Athlet mit dem noch immer fast makellosen Gesicht ist dank vierer zusammenwirkender Faktoren eine Ausnahmeerscheinung seines Sports. Dimitrenko ist gebildet, er studiert Jura in Kiew. Dimitrenko ist tief gläubig, besucht regelmäßig in Begleitung seiner serbischen Ehefrau Ivana die orthodoxen Kirchen seiner Wahlheimat Hamburg. Dimitrenko spricht fast perfekt Deutsch, was ihn abhebt von vielen seiner ebenfalls in Deutschland boxenden Landsleute. Und, was derzeit das Wichtigste ist: Dimitrenko hat das Potenzial, Weltmeister zu werden.

An diesem Sonnabend (22 Uhr, ZDF live) schickt sich der von Fritz Sdunek geformte Schwergewichtler an, in der Color-Line-Arena seinen makellosen Rekord auf 30 Siege aus 30 Kämpfen auszubauen. Gegner ist Eddie Chambers, ein 27 Jahre alter US-Amerikaner, der von seinen 35 Kämpfen bislang nur den im Januar 2008 gegen den Russen Alexander Povetkin aus dem Berliner Sauerland-Team verlor. Der Sieger des Duells darf dank seiner Position als Nummer eins des Weltverbands WBO hoffen, als Pflichtherausforderer für WBO/IBF-Doppelchampion Wladimir Klitschko (Ukraine) bald eine WM-Chance zu erhalten.

Dimitrenko weiß, dass er vor der größten Herausforderung seiner Karriere steht. Trotzdem sind es leise Töne, die der sympathische Hüne mit der sonoren Bassstimme anschlägt, und das war in den vergangenen Monaten nicht immer so. Ungeduldig war er, weil es nicht voran ging mit seiner Karriere. "Mir fehlten die Herausforderungen. Aber jetzt, da ich merke, dass sich für mich viel bewegt, habe ich mich nicht zu beklagen", sagt er, "ich finde es gut und richtig, dass Universum mich behutsam aufbaut."

Von Monat zu Monat spüre er mehr Zuneigung der deutschen Fans. Auf Universum-Veranstaltungen werde er immer häufiger angesprochen. Sein großes Plus ist, dass er dann auch antworten kann. "Ich verstehe nicht, dass viele Ukrainer oder Russen sich weigern, die deutsche Sprache zu lernen", sagt er. Dass die deutschen Fans für solche Sportler keine Begeisterung empfinden, könne er verstehen. Dimitrenko will kein Star sein, wohl aber ein Vorbild. Vieles ist unklar in diesen Zeiten, eins aber ist sicher: Mit Dimitrenko wird auch in Zukunft zu rechnen sein.

Für die Veranstaltung (Start 17.45 Uhr) gibt es noch 250 Restkarten an der Abendkasse.