Die Zeiten sind hart. Das ist spätestens seit der Finanzkrise kein Geheimnis mehr. Aber wie hart sie wirklich sind, kann man derzeit am besten in...

Hamburg/Frankfurt. Die Zeiten sind hart. Das ist spätestens seit der Finanzkrise kein Geheimnis mehr. Aber wie hart sie wirklich sind, kann man derzeit am besten in Frankfurt am Main beobachten. Dort ist es schwierig zu unterscheiden, ob die Menschen gerade auf dem Weg zu ihrer Bank oder zum Friedhof sind. Und ausgerechnet an diesem Ort des monetären Abgrunds soll nun der Fußballer Youssef Mokhtari für einen moralischen Hoffnungsschimmer am Finanzhimmel sorgen. Ausgerechnet in Frankfurt! Ausgerechnet ein Fußballprofi!! Und ausgerechnet Youssef Mokhtari!!!

Sportinteressierte Leser von Boulevardzeitungen dürfte Mokhtari aus seiner Bundesligazeit in Köln und Duisburg wahlweise noch als "Fußball-Söldner" oder "Egoist" in Erinnerung geblieben sein, der angeblich mehr an lukrativen Verträgen als an Torschusstraining interessiert sein soll. Und eben dieser Mokhtari sorgte vor zwei Monaten mit dem ungewöhnlichen Angebot, bis zum Ende der Hinrunde ohne Vergütung zu spielen, sollte sein Heimatverein FSV Frankfurt dem damals arbeitslosen Profi einen Vertrag und damit eine zweite Chance geben, für Aufregung. Nachdem zunächst sämtliche Entscheidungsträger mehr als skeptisch das vermeintlich selbstlose Angebot beäugten, einigte sich der Zweitliga-Aufsteiger, der heute (18 Uhr/live auf Premiere) auf den FC St. Pauli trifft, mit dem Marokkaner schließlich doch auf eine Zusammenarbeit. Und nicht nur in Frankfurt hat bis heute niemand diese Entscheidung bereut: Der FSV, der in 16 Spielen bislang erst einmal gewinnen konnte, hat seit Mokhtaris Verpflichtung mit dem 29-Jährigen auf dem Platz in sechs Partien nur noch zweimal verloren. Mokhtari selbst hat seinen kleinen Fuß (Schuhgröße 41) wieder in der Tür zum Zirkus Profifußball. Und das Wichtigste: Der gläubige Moslem hat seine von vielen zunächst nicht ernst genommenen Ankündigung wahr gemacht. "Wenn ich etwas verspreche, dann halte ich das auch", sagt Mokhtari im Gespräch mit dem Abendblatt - und verrät, dass er die insgesamt 15 000 Euro, die ihm seit Vertragsunterschrift durch Grundgehalt und Prämien zustehen, der Organisation "Ein Herz für Kinder" gespendet hat. Und auch wenn ab Januar das Gehalt wieder ganz normal auf das Konto des Profis überwiesen wird, kann man wohl von einem echten "Happy End" sprechen.

Das strebt in Frankfurt auch der FC St. Pauli an, der nach zuletzt zwei Heimsiegen in Folge heute den dritten Teil des vor zwei Wochen angestrebten "Neunpunkteplans" erfühlen will. Im letzten Spiel der Hinrunde muss die Mannschaft von Trainer Holger Stanislawski allerdings auf den an der Nase operierten Filip Trojan und den gelbgesperrten Timo Schultz verzichten. "Jeder, der noch laufen kann, fährt mit", sagt Trainer Holger Stanislawski, der die Personalnot mit Humor nimmt. Auf die Güte von Frankfurts "Umsonst-Profi" müssen die Kiezkicker allerdings verzichten. "Ich mag den FC St. Pauli sehr, aber auf dem Platz habe ich nichts zu verschenken", sagt Mokhtari. Harte Zeiten eben.